Was Wollgras, Moor und Katzen flüstern

Kattenvenne, das klingt in den Ohren moderner Stadtmenschen nach hinterster Provinz. Und wenn es um die Herkunft des Ortsnamens geht, kommen gleich mehrere Theorien ins Spiel. Dieses Dorf mit seinem mittelalterlichen Namen liegt zwischen Münster und Osnabrück, schon lange ist es ein Ortsteil von Lienen. Die Herkunft seines Namens war lange Zeit umstritten.

Bei der Recherche trifft man zunächst auf den Namen Haduveni, der bereits 836 im Kloster Corvey erwähnt wurde. Aber es gibt keinen konkreten Hinweis, wo sich dieser Ort jemals befunden hat. Zunächst wurde für möglich gehalten, dass es sich dabei um einen Vorläufer von Kattenvenne handelt. Nach dem heutigen Stand der Forschung ist das jedoch unwahrscheinlich, denn den Lautwandel von einem h zu einem k gibt es im niederdeutschen Sprachgebrauch nicht.

Als Flurname nachgewiesen wurde der Ortsname Kattenvenne dann von Dr. Christof Spannhoff (Universität Münster). Seit 1312 ist er im westfälischen Urkundenbuch belegt. Vor dieser Zeit gab es dort nur Heide und Moor. Im 18.Jahrhundert sollen hier schon einige Bauernhöfe gestanden haben. Mit dem Bau der Eisenbahn zwischen Münster und Osnabrück (1868-71) begann dann der Aufschwung. 1887 wurde die Kirche am Buchentor gebaut – damit galt das Dorf Kattenvenne als eigenständige Kirchengemeinde.

Wie ist nun der Name zu erklären? Die Flurbezeichnung Venn(e) hat die Bedeutung von Moor oder Sumpf. Fenni kann als stehendes Wasser oder Torfmoor interpretiert werden. Das Bestimmungswort „Katten“ steht im Mittelhochdeutschen für den Plural von Katze. Der ursprüngliche Flurname war im Hochmittelalter folglich „Kattenvenne“.

Die 1888 erbaute Kirche der Evangelischen Kirchengemeinde Kattenvenne

„Katzen, die durchs Moor schleichen?“, da protestieren die Namensforscherinnen Dr. Kirstin Casemir und Dr. Birgit Meineke. Für sie steckt im Namen Kattenvenne eine alte Bezeichnung *kat ‚krumm, gebogen‘, die als Bezeichnung „für die verschiedenen (das Moorgebiet/Fenn entwässernden) kleinen Wasserläufe gerechnet werden kann, wobei die Bachläufe nach ihrem krummen, Winkel bildenden Verlauf benannt worden wären.“ Auch die Heimatforscher Dr. Wilhelm Wilkens und Rolf Kötterheinrich sehen die Sache anders. Für sie setzt sich der Ortsname aus Venn und Gatt zusammen, also aus Moor und einem wassergefüllten Loch.

Eine Variante, die Bedeutung des Ortsnamens zu erklären, ist metaphorische Natur. Kattenvenne wurde dabei mit Katzenmoor oder Katzensumpf erklärt. Dagegen spricht allerdings, dass Katzen sich nicht in Feuchtgebieten wohlfühlen. Gemeint war möglicherweise etwas Anderes, nämlich dass bestimmte Begriffe, die mit Katzen in einen Zusammenhang gebracht wurden, als minderwertig galten. Beispiele hierfür waren Katzentisch oder Katzengold und folglich auch das Moor der Katzen.

Hier gibt es allerdings viele Fragezeichen. Christof Spannhoff lenkt den Blick auf eine Pflanze, die in den wenigen Feuchtgebieten rund um Kattenvenne noch heute anzutreffen ist. Das Wollgras, auch als Vennkatten bekannt, ist eine Pflanze der Regenmoore und trägt durch die faserig zerfallenden Blätter zur Torfbildung bei. Es liegt nahe, dass die beiden Wortbestandteile Venn und Katte einfach in der Abfolge verändert wurden. Diese Erklärung vermutet jedenfalls der westfälische Heimatforscher Josef Tiesmeyer.

Bis heute hat Kattenvenne nachweislich noch kein eigenes Wappen. Sollte sich der Ort jemals eines zulegen, dann kämen wohl zwei Motive in Betracht: eine Katze oder ein Büschel Wollgras.

Weiterführende Forschungen zum Ortsnamen Kattenvenne finden sich im Blog von Dr. Christof Spannhoff.