Szenen einer Sinfonie

Der „Erlkönig“, „Prinz Eugen der edle Ritter“ oder „Die Uhr“ machten ihn berühmt, doch Carl Loewe war nicht nur ein Meister der bildhaften, charaktervollen Ballade. Sein kompositorisches Schaffen umfasste Kammermusik und Konzerte, sechs Opern, über ein Dutzend Oratorien – und zwei Sinfonien.

Die knapp halbstündigen Werke aus den Jahren 1834 und 35 lassen zweifellos jene brillante Verarbeitung von Themen und Motiven vermissen, die kurz zuvor aus Beethovens Feder geflossen waren. Dorit Schleissing weist in ihrem Booklet-Beitrag allerdings zurecht darauf hin, dass der ewige Vergleich mit dem Großmeister des symphonischen Komponierens schon deshalb problematisch ist, weil Loewe in erster Linie szenisch dachte und also versuchte, Handlungsmomente, seelische Vorgänge und Stimmungen in seine Musiksprache umzusetzen.

Schleissing illustriert ihre These durch die unkonventionelle Idee, dem „Allegro non tanto“ der e-moll-Symphonie eine regelrechte Inhaltsangabe zu unterlegen. Wer diesem Pfad folgt, mag sich animiert fühlen, auch für die anderen Sätze ein kleines Drehbuch zu entwerfen. Unabhängig davon überzeugen Loewes technisch ausgefeilte und raffiniert instrumentierte Sinfonien aber auch durch ihre melodischen Schönheiten und dramatischen Zuspitzungen.

Beiden Sinfonien – sowie der gänzlich unbekannten Ouvertüre zu Ernst Raupachs Tragödie „Themisto“ (1835) – hört man gerne auch mehrfach zu, vor allem, wenn sie so lebendig, tempo- und nuancenreich dargeboten werden wie von der Jenaer Philharmonie unter Simon Gaudenz.

Carl Loewe: Symphonien d-moll, e-moll und Ouvertüre zu „Themisto“, cpo