Die Nationalsozialisten vertrieben ihn aus Deutschland und nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Avantgarde kein Interesse an einem aus der Zeit gefallenen Brahms-Adepten. Doch seit einigen Jahren findet Robert Kahn (1865-1951) wieder Interpreten und Hörer. Weil er wirklich schöne Musik geschrieben hat.
„Da ist Leidenschaft, Wärme, Anmut, vortreffliche Arbeit, nur lehnt er sich sehr an Brahms und Schumann, doch das schadet nichts, wenn es mit so viel Talent geschieht“, schrieb im Oktober 1887 eine Frau, die es wissen musste und beurteilen konnte. Clara Schumann hatte gerade eine Violinsonate von Robert Kahn gespielt und natürlich sofort erkannt, dass der Komponist tief in der musikalischen Tradition wurzelte. Eigene Ideen hatte er gleichwohl zuhauf und wenn man die Entstehungsdaten der drei erhaltenen Streichquartette betrachtet, lassen sie sich durchaus noch der (spät)romantischen Epoche zuordnen. 1891 wurde das erste gedruckt, 1899 erschien das zweite und den dritten Genrebeitrag lieferte Kahn 1904.
Dass alle drei eine Molltonart in den Mittelpunkt stellen, sagt wenig über ihre Stimmungslage und Vitalität. Von Melancholie und Zurückhaltung kann hier jedenfalls keine Rede sein, vielmehr stürmt und drängt es – selbst in den vermeintlich langsamen Sätzen – zu immer neuen melodischen Einfällen, kontrapunktischen Finessen und dynamischen Kontrasten. Scharfe Gegensätze sind überhaupt die Sache des jungen Kahn, der langsame Tempi rapide beschleunigt, schnelle überraschend abbremst oder – wie am Ende des Finalsatzes im ersten Klavierquartett h-Moll op.14 – vom Fortissimo ins Pianissimo kippt.

Auch das rund drei Jahrzehnte später entstandene Streichtrio in a-Moll lebt von melodischem Einfallsreichtum und handwerklicher Präzision. Wer so etwas „zu meiner eigenen Freude“ schreiben konnte, gehört – unabhängig davon, wann er es komponierte – zweifellos in eine vordere Reihe seiner Zunft. Das Zilliacus Trio beweist die unwiderstehliche Anziehungskraft dieser Werke in einer mitreißenden Darbietung.
In den ersten beiden, 2017 aufgenommenen Quartetten ist noch Johanna Persson, die nach einem Schlaganfall vorwiegend als Dozentin tätig ist, an der Viola zu hören – die anderen beiden, 2023 eingespielten Stücke interpretieren die Geigerin Cecilia Zilliacus und der Cellist Kati Raitinen mit der Bratschistin Lilli Maijala. Dramatischer Motor des Geschehens ist freilich der Pianist Oliver Triendl, der dem Kosmos seiner Aufnahmen mit oft kaum noch bekannten Werken eine herausragende Einspielung hinzufügt.
Robert Kahn: Sämtliche Klavierquartette und Serenade für Streichtrio a-Moll, 2 CDs, cpo


