An den Ufern des Tejo

Luís de Freitas Branco (1890-1955) und sein Schüler Joly Braga Santos (1924-88) waren wohl die bedeutendsten portugiesischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Das Quarteto Tejo zeigt, warum ihre Musik auch außerhalb der iberischen Halbinsel häufiger gespielt werden sollte.

Die vier jungen Instrumentalisten, die 2019 während eines Meisterkurses am Ufer des Tejo zusammenfanden, sind davon überzeugt, dass sowohl das 1911 entstandene Quartett von Luís de Freitas Branco als auch das 34 Jahre später komponierte Stück von Joly Braga Santos einen „hervorragenden Platz im klassischen Repertoire verdienen“.

Diese Einschätzung kann man teilen, denn auch wenn beide Werke nicht zur musikalischen Avantgarde ihrer Zeit gehörten, gefallen sie doch durch höchst einprägsame Themen, rhythmische Prägnanz und sehr atmosphärische lyrische Momente. Dabei lebt das Quartett von de Freitas Branco, der mit Claude Debussy bekannt war, von der Faszination des Impressionismus, während sich Braga Santos als Freund und intimer Kenner der Spätromantik zu erkennen gibt. Die beiden letzten Sätze seines 1. Streichquartetts, das berückende „Andante tranquillo“ und das finale „Allegro molto energico e appassionato“, entwickeln sich in jeweils rund 12 Minuten zu opulenten, facettenreichen Klangbildern, die den Interpreten sowohl technisch als auch interpretatorisch einiges abverlangen.

Das Quarteto Tejo wird aber nicht nur diesen Herausforderungen gerecht. André Gaio Pereira, Tomás Soares (Violine), Sofia Silva Sousa (Viola) und Beatriz Raimundo (Cello) gelingt es auch, die beiden Werke im Spannungsfeld von mitteleuropäischer Musiktradition und dem speziellen Idiom ihres Heimatlandes zu präsentieren. Absolut hörenswert!

Luís de Freitas Branco: String Quartett; Joly Braga Santos: Quartet No.1 in D op.4, decurio