Angst zu Papier bringen

Die Welt ist längst nicht immer so friedlich, wie wir es uns wünschen. Das kann Angst machen. Angst ist zunächst ein natürliches Gefühl, das in der Geschichte der Menschheitsentwicklung Sinn macht: Zum einen warnt sie uns vor Gefahren, zum andern kann sie zusätzliche Energie freisetzen, sodass wir schneller und besser reagieren. Angst ist also ein Gefühl, das wir auch stark körperlich erleben. Ist die akute Gefahr vorbei, verlässt die Angst uns wieder.

Anders ist es, wenn die Angst nicht von allein wieder vergeht oder wenn der Auslöser der Angst bestehen bleibt oder sogar größer wird. Ist der Auslöser dazu noch abstrakt oder liegt außerhalb unseres Einflussbereiches, kann das zu einer gegenteiligen Reaktion führen: dem innerlichen und äußerlichen Erstarren. Was früher gut war – denn viele Raubtiere reagieren auf Bewegung – kann in unserer heutigen komplexen Welt dazu führen, dass wir uns einer Gefahr eher ausliefern als angemessen darauf zu reagieren.

Und was kann Schreiben da helfen?

Schreiben kann in solchen Situationen tatsächlich auf verschiedenen Ebenen helfen: Stellen wir uns das Schreiben als „Denken auf dem Papier“ vor: Unsere Gedanken werden sichtbarer und verschwinden nicht so schnell. Haben wir Angst, dreht sich uns der Kopf, ein Gedanke jagt den nächsten und doch kriegen wir keinen einzigen zu fassen. Beginnen wir, unsere Gedanken aufzuschreiben, können wir sie verlangsamen und damit fassbarer machen.

Wir können einen Ansatzpunkt bekommen, um uns der Angelegenheit etwas rationaler zu nähern. Angst ist ein schlechter Ratgeber, denn wir sehen nicht klar und jeder angstmachende Gedanke zieht einen noch größeren angstmachenden Gedanken nach sich. Diese Kette lässt sich durchbrechen, wenn ich aufschreibe, was in mir los ist, denn dann sind die Gedanken – zumindest für einen Moment – raus aus dem Kopf und ich habe einen klareren Blick.

Das aufschreiben, was ist!

Es ist den Versuch wert, genau das aufzuschreiben, was einem durch den Kopf schießt, sich selbst und seinen Gedanken zuerst einmal „zuzuhören“. Schnell sind wir ja dabei, uns selbst in Gedanken zu korrigieren, aber darum geht es hier nicht. Es geht um das Wahrnehmen der eigenen Gedanken und darum, sie so aufzuschreiben, wie sie uns durch den Kopf schießen.

Egal, in welcher Reihenfolge, egal zu welchem Thema. Es soll hier kein Text für andere entstehen, dieser Text ist für uns. Wir sind ohnehin so, wie wir sind. Lernen wir, uns so zu sehen, wie wir wirklich sind, statt durch die Augen von anderen Menschen, dann lernen wir uns selbst immer besser kennen und können so vielleicht unsere Gedanken ändern. Oder zumindest die Angst für eine Weile zurückdrängen, sodass wir wieder klarer denken können und bessere und angemessenere Entscheidungen treffen.

Wenn wir allein im Wald spazieren gehen und beginnen zu pfeifen oder zu singen, vertreibt das die Angst, weil wir den ängstigenden Gedanken nicht den gesamten Platz im Kopf überlassen. So funktioniert das auch mit dem Schreiben. Probieren Sie es aus!

Disclaimer: Dieser Text soll allgemeine Möglichkeiten zeigen, mit Ängsten umzugehen. Er ersetzt keine ärztliche Beratung! Bei großer Angst können Sie hier Hilfe bekommen: https://www.telefonseelsorge.de oder 0800 / 1110111.