Attentat auf den Bürgermeister

Auch in Österreich waren Politiker in den 1920er Jahren Opfer von Drohungen, tätlichen Angriffen und Attentaten. Die Täter kamen immer wieder aus rechtsgerichteten Kreisen. Der Beitrag unseres Redaktionspartners „wesearch“ erinnert an einen Anschlag, dem der Wiener Bürgermeister Karl Seitz nur knapp entkommen konnte.

Ernst und betroffen steht der Chauffeur des Wiener Bürgermeisters Karl Seitz neben seinem Dienstwagen. Im Fenster beim Rücksitz ist ein Einschussloch zu sehen, das von einer der fünf Kugeln stammt, die am 26. November 1927 auf den bekannten Sozialdemokraten abgefeuert wurden. Seitz hatte an diesem Tag den Schneepalast im Nordwestbahnhof feierlich eröffnet und war gerade im Begriff, den spektakulären Kunstschneeparcours in seinem Dienstwagen zu verlassen, als die Schüsse fielen.

Alarmiert durch die ersten Detonationen duckte sich der Bürgermeister geistesgegenwärtig, sodass ihn die Kugel durch die hintere Autoscheibe nicht traf und er das Attentat unversehrt überlebte. Der Täter Richard Strebinger, ein 24-jähriger arbeitsloser Schauspieler und Mitglied der monarchistischen paramilitärischen Wehrformation „Ostara“ wurde kurz nach der Tat gefasst. Als Motiv gab er an, dass die Sozialdemokratie und insbesondere Seitz für die allgemeine Notlage und für die eigene Arbeitslosigkeit verantwortlich wären.

Das misslungene Attentat und das persönliche Motiv dürfen nicht über die zunehmende Radikalisierung und den Anstieg politisch motivierter Gewalt dieser Jahre hinwegtäuschen, was sich nicht zuletzt an einer Häufung politischer Attentate ablesen lässt.

So war beispielsweise auf Bundeskanzler Ignaz Seipel im Juni 1924 ein Attentat verübt worden, das dieser nur knapp überlebte. Im Jahr darauf wurde der Schriftsteller Hugo Bettauer vom Nationalsozialisten Otto Rothstock ermordet. In der Folge nahmen Anschläge und Fememorde von Nationalsozialisten weiter zu. Auch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß fiel am 25. Juli 1934 bei einem Putschversuch der Nationalsozialisten einem Attentat zum Opfer.