Aufstand

Braune Relikte (29): Flugblatt „Die Vorsehung hat entschieden“.

Widerstand gegen das NS-Regime ist eine Ausnahmeerscheinung. Dennoch gab es einzelne Gruppen und Personen aller gesellschaftlichen Schichten, die sich auf die eine oder andere Weise dem Terror zu widersetzen versuchten. Zu den wenigen Widerstandskreisen gehörten auch Militärs wie der Kreis um Generaloberst Ludwig Beck und Oberst Claus Schenk Graf Stauffenberg. Nach meist anfänglicher Begeisterung für das Regime distanzierten sie sich zunehmend vom Nationalsozialismus und schlossen sich dem militärischen Widerstand an.

Zu dem Kreis gehörte auch Hauptmann Axel Ernst-August Clamor Franz Albrecht Erich Leo Freiherr von dem Bussche-Streithorst (1919–1993). Der Stabsoffizier hatte am 5. Oktober 1942 sein Schlüsselerlebnis, als er auf dem Flugplatz von Dubno in der Ukraine Zeuge einer Massenexekution wurde. Dort wurden überwiegend Juden und Jüdinnen ermordet. Er schloss sich danach der Widerstandsgruppe um Graf von Stauffenberg an. Seine Pläne zu einem Attentatsversuch auf Hitler 1943/44 scheiterten allerdings schon im Vorfeld und kamen nicht zur Durchführung.

Das am 20. Juli 1944 durch Stauffenberg verübte Bombenattentat auf Hitler in der „Wolfsschanze“, dem bei Rastenburg/Ostpreußen gelegenen militärischen Hauptquartier, missglückte. Hitler wurde nur leicht verletzt, vier weitere Personen starben. Verbunden damit war ein Staatsstreich, durch den in Berlin vom Bendler-Block aus nach dem geglückten Attentat die Macht übernommen werden sollte. Die Aktion scheiterte bereits im Ansatz. Noch in der Nacht zum 21. Juli erfolgten die ersten Verhaftungen. 600-700 Personen wurden festgesetzt. Der Widerstandskreis war demnach erheblich größer, als die nationalsozialistischen Machthaber gedacht hatten. Hitlers spätere Rede von einer „kleine[n] Clique verbrecherischer Offiziere“ erwies sich als Propaganda. Bis zum 19. April 1945 sollten über 110 Todesurteile verhängt werden. Von dem Bussche-Hünnefeld konnte in die Türkei flüchten.

Die Machthaber nutzten den „20. Juli“, um in einer massiven Verfolgungswelle weitere Regimegegner festzunehmen und so die Bildung oppositioneller Gruppen zu unterdrücken. Am 22. August 1944 begann die „Aktion Gitter“ (auch „Aktion Gewitter“), bei der mehrere tausend Personen festgenommen wurden. In Osnabrück fielen der Aktion etwa 80 Personen zum Opfer. Ehemalige Mandats- und Funktionsträger der Arbeiterparteien und des Zentrums wurden in sog. Schutzhaft genommen, darunter waren u.a.: Walter Bubert (1886-1950), führender Sozialdemokrat in Nordwestdeutschland; Willhelm Mentrup (1877-1945), AOK-Vorsitzender; Fritz Szalinski (1878-1945), Gewerkschaftssekretär; Heinrich Niedergesäß (1883-1945), SPD-Mitglied; Heinrich Groos (1876-1944), Leiter des Arbeitsamtes; August Wille († 1945), KPD.

Nach einigen Tagen in Gestapohaft kamen sie in das AEL Ohrbeck und von dort aus in das KZ Neuengamme. Während Groos und Szalinski noch im KZ umkamen, sind Niedergesäß, Mentrup und Wille vermutlich bei Kriegsende auf dem Schiff „Kap Arcona“ umgekommen, als es, vollbesetzt mit Häftlingen aus Neuengamme, in der Lübecker Bucht von britischen Fliegern versenkt wurde. Bubert entging dem Schicksal, weil er sich in der Gestapohaft eine Lungenentzündung zugezogen hatte und ins Krankenhaus gekommen war.

 

Zu dieser Serie
Es ist die Geschichte einer Stadt, doch was hier geschah, ereignete sich auch in vielen anderen deutschen Städten. Die Serie „Braune Relikte“ basiert auf der Sammlung Nationalsozialismus, die sich im Museumsquartier Osnabrück befindet. Anhand von Objektbiografien wird die Geschichte des Nationalsozialismus mit seinen Ursachen und Folgen veranschaulicht. So entsteht ein virtueller Lernraum, der die Fundstücke einer Diktatur analysiert, um Lernprozesse für demokratische Gesellschaften zu ermöglichen.