Böhmische Walzerkönige

Er war ein Jahr jünger als Joseph Lanner, zwei Jahre älter als Johann Strauss Vater und gehörte ebenfalls zu den populärsten Musikern der Donaumonarchie. Doch die Nachwelt meinte es nicht gut mit Joseph Labitzky (1802-81). Heute erinnern allenfalls noch Lexikonartikel an den böhmischen Walzerkönig und seinen hochbegabten Sohn August (1832-1903). Sehr zu Unrecht, wie die gut gelaunten Nürnberger Symphoniker unter der Leitung von Christian Simonis beweisen.

Joseph Labitzkys Stern ging im Jahr 1835 auf, als er die Karlsbader Kurkapelle übernahm und zu einem Klangkörper entwickelte, der in ganz Europa gefeiert wurde – sofern die Hautevolee nicht ihrerseits nach Karlsbad pilgerte, um neben der berühmten Sprudelkolonnade die kaum weniger begehrten Konzerte zu erleben. Labitzky machte sich aber nicht nur als Dirigent einen Namen. Er schrieb rund 300 Kompositionen, die sich neben den Meisterstücken der Strauss-Dynastie nicht zu verstecken brauchen.

Vielleicht gelang Labitzky kein Jahrhunderteinfall wie ihn Strauss-Sohn mit dem Donauwalzer oder Strauss-Vater mit dem Radetzkymarsch hatten. Gleichwohl fehlt es seinen Werken weder an melodischer Erfindungsgabe noch an rhythmischer Prägnanz oder aparten Klangwirkungen. Höhepunkte der von den Nürnberger Symphonikern unter der Leitung von Christian Simonis mit Schwung und Taktgefühl servierten Auswahl sind der lokalpatriotische „Jubelfeier-Walzer“ zum 500. Geburtstag Karlsbads sowie der „Karlsbader Sprudelgalopp“, den Labitzky für die touristische Hauptattraktion seiner Wahlheimat komponierte. Ein klarer Fall für Neujahrskonzerte allerorten wären aber auch das abwechslungsreiche Polka-Trio „Waldblumen“, die spritzige Quadrille „Erinnerung an Gießhübl“ oder der gediegene „Londoner Saison-Walzer“.

Josephs Sohn August, der das Karlsbader Orchester 1868 von seinem Vater übernahm, wurde vor allem als Dirigent bekannnt – er leitete beispielsweise die Uraufführung von Antonín Dvořáks weltberühmter Symphonie Nr.9 e-moll „Aus der Neuen Welt“. Den Komponisten August Labitzky gäbe es noch (oder wieder) zu entdecken. Einen vielversprechenden Anfang macht Christian Simonis mit der heiteren Polka „Erste Liebe“, dem rustikalen Festmarsch für den brasilianischen Kaiser Dom Pedro II. und zwei sehr originellen Werken mit viel Wiener Schmäh, dem Walzer „Ein Morgen auf der Villa Lützow“ und der Idylle „Traum der Sennerin“.

Joseph & August Labitzky: Waltzes – Polkas- Marches, cpo