Wenn der Abend so stattfand, wie ihn der irische Tenor Michael Kelly schilderte, kam es 1784 in Wien zu einer außergewöhnlichen Zusammenkunft: Im Haus des englischen Komponisten Stephen Storace trafen sich Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Jan Křtitel Vaňhal und Karl Ditters von Dittersdorf, um gemeinsam zu musizieren.
Nach Kellys Erinnerung hielten sich die Fähigkeiten der schon zu Lebzeiten populären und oft gemeinsam aufgeführten Komponisten auf dem ihnen zugewiesenen Instrument in Grenzen. Haydn und Dittersdorf (1. und 2. Violine), Mozart (Viola) und Vaňhal (Cello) spielten nach seiner Erinnerung „erträglich“, doch allein die Möglichkeit eines solchen Gipfeltreffens beschäftigte die Phantasie der Nachwelt.
Das Bennewitz Quartet hat der prominente Kammermusikabend nun zu einem wundervollen Album inspiriert, das zwei Werke der weltberühmten Wiener Klassiker an die Seite ihrer sehr viel seltener gespielten Zeitgenossen stellt. In der vor Musizierlust sprühenden, äußerst transparenten Darbietung kommen nicht nur die herausragenden Qualitäten des Haydn-Quartetts op.33 Nr.5 und des genialen Dissonanzen-Quartetts von Wolfgang Amadeus Mozart zur vollsten Entfaltung.
Die vier nach dem böhmischen Geigenvirtuosen Antonín Bennewitz benannten Streicher demonstrieren eindrucksvoll, dass Karl Ditters von Dittersdorf annähernd Brillantes zu Papier brachte. Und auch Jan Křtitel Vaňhals Streichquartett op.33, Nr.2 – nur eines von mehr als 50 seiner Art! – gefällt durch seine rasanten, mit zündenden Einfällen gespickten Eck- und die feinsinnigen, reich ornamentierten Mittelsätze.
An dem eingangs erwähnten Abend kann dieses Programm zwar nicht erklungen sein, denn nur Haydns G-Dur-Quartett entstand vor 1784. Die Zusammenstellung ergibt trotzdem Sinn, gewährt sie doch einen überzeugenden Eindruck von der faszinierenden Vielfalt, welche gerade auch die kammermusikalische Welt der Wiener Klassik auszeichnet.
Bennewitz Quartet: An Evening in Vienna 1784. Mit Werken von Joseph Haydn, Jan Křtitel Vaňhal, Karl Ditters von Dittersdorf und Wolfgang Amadeus Mozart, Supraphon