„CARE“

Braune Relikte (38): Hilfspaket aus den USA.

In der Not der frühen Nachkriegszeit kam mittels freiwilliger Spenden von außen unter anderem durch Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz oder CARE internationale Unterstützung für die deutsche Bevölkerung. Trotz der grausamen Kriegsereignisse versuchten viele ehemalige Gegner, der deutschen Bevölkerung zu helfen.

Das tägliche (Über-)Leben der deutschen Bevölkerung musste seit Beginn des Zweiten Weltkrieges organisiert werden. Bereits am 27. August 1939 war eine Verordnung über die Wirtschaftsverwaltung erlassen worden; eine Maßnahme, die der unmittelbaren Kriegsvorbereitung diente. Sie regelte die Versorgung der Bevölkerung mit rationierten Lebensmitteln und Verbrauchsgütern. In den Städten und Landkreisen wurden Ernährungs- und Wirtschaftsämter eingerichtet. Dort wurden z.B. Lebensmittel- und Kleiderkarten an die Bevölkerung ausgegeben. Schon während des Krieges wurde die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln also über Zuteilungen geregelt.

Saatgut und Düngemittel blieben Mangelware, die Anbauflächen waren zum Teil vermint, der Viehbestand stark dezimiert. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte der tägliche Kalorienverbrauch bei durchschnittlich 3.000 Kalorien gelegen. Die Wochenration eines „Normalverbrauchers“ war mit 150 g Fett, 50 g Fleisch, 15 g Käse, 1.500 g Brot, 3.000 g Kartoffeln, 150 g Nährmitteln, 150 g Zucker, 30 g Kaffee-Ersatz und 0,7 Liter Magermilch angegeben. Vollmilch gab es nur auf Zusatzmarken für werdende und stillende Mütter, Kleinkinder und Kranke. Kurz vor Kriegsende hatte der tägliche Durchschnittsverbrauch immerhin noch über 2.000 Kalorien betragen.

Die schlechte Versorgungslage änderte sich auch nicht mit dem Ende des Krieges. Im Gegenteil. Die Mangelwirtschaft und Zwangsbewirtschaftung setzten sich zunächst auch unter den Alliierten ohne Unterbrechung fort. Mit dem Zusammenbruch der bestehenden staatlichen Strukturen standen die alliierten Militärregierungen vor der schwierigen Aufgabe, die Versorgung aller Bevölkerungsteile sicherzustellen. Mitte 1946 wurde die amtliche Kalorienmenge für den täglichen Verbrauch wie folgt festgesetzt: in der US-amerikanischen Besatzungszone auf 1.330, in der Sowjetischen Zone auf 1.083, in der französischen auf 900 Kalorien und schließlich in der britischen Zone auf 1.050. Letzteres entsprach einer täglichen Ration von zwei Brotscheiben, etwas Margarine, einem Löffel Milchsuppe, und zwei Kartoffeln.

Im Ausland lösten Berichte über die Notsituation der deutschen Bevölkerung eine große Unterstützungswelle aus. Nahrungsmittel aus Armeebeständen waren ebenso willkommen wie Pakete von Hilfsorganisationen. Für die Kinder wurden Schulspeisungen organisiert. Und aus den USA kamen seit dem 1. Juni 1946 Hilfspakete der Organisation CARE (Cooperative to American Remittances to Europe). Die bis zu fünf Kilogramm wiegenden CARE-Pakete beruhten auf freiwilligen Spenden und enthielten neben Nahrungsmitteln auch Heilmittel, Kleidungsstücke und Seife. Zudem sorgten die beliebten Pakete nicht nur für das Lebensnotwendige. Behältnisse wie die übrigbleibenden Konservendosen konnten im Haushalt gleich als Behälter u.ä. weiterbenutzt werden.

Zwischen 1946 und 1960 wurden insgesamt 9,5 Mio. CARE-Pakete von Kanadierinnen und Kanadiern sowie US-Bürgerinnen und -Bürgern in die Westzonen bzw. in die BRD geschickt. Zu den Spendenden gehörte Max Blank jr. aus New York. Er schickte seinen Familienangehörigen in Osnabrück 1948 ein Geschenkpaket mit Kaffee, Kakao, Limonade und anderen begehrten Luxusartikeln.

 

Zu dieser Serie
Es ist die Geschichte einer Stadt, doch was hier geschah, ereignete sich auch in vielen anderen deutschen Städten. Die Serie „Braune Relikte“ basiert auf der Sammlung Nationalsozialismus, die sich im Museumsquartier Osnabrück befindet. Anhand von Objektbiografien wird die Geschichte des Nationalsozialismus mit seinen Ursachen und Folgen veranschaulicht. So entsteht ein virtueller Lernraum, der die Fundstücke einer Diktatur analysiert, um Lernprozesse für demokratische Gesellschaften zu ermöglichen.