Das Rätsel im Kopf

Was in unserem Gehirn vorgeht, übersteigt unser Vorstellungsvermögen: 86 Milliarden Nervenzellen drängen sich auf engstem Raum, pro Sekunde können 1013 analoge Rechenoperationen durchgeführt werden und dazwischen entwickelt sich auch noch das Bewusstsein einer vielschichtigen Persönlichkeit. Wissenschaft und Kunst fasziniert diese Komplexität seit Jahrhunderten. Die Bundeskunsthalle zeigt ab dem 28. Januar mehr als 300 Beispiele.

„Cogito ergo sum“, befand René Descartes und machte damit das Denken zum Maßstab der Existenz. Dass sein Schädel einen Ehrenplatz in dieser Ausstellung bekommen muss, versteht sich von selbst. Die Bundeskunsthalle in Bonn fragt aber nicht nur, was Denken bedeutet, sondern auch – ganz simpel – was wir überhaupt im Kopf haben.

Die Anatomie des Gehirns, dargestellt u.a. am Beispiel eines Kupferstichs des Pieter van Gunst aus dem Jahr 1685, stellten sich unterschiedliche Jahrhunderte naturgemäß anders vor. Verschiedene Einblicke führen allerdings unmittelbar zum zweiten Erkenntnisinteresse. Wie können wir uns Vorgänge im Gehirn überhaupt vorstellen? Richard Ennis hatte da 1991 seine ganz eigenen Ideen.

Richard Ennis: Ein menschlicher Schädel mit Szenen, die mentale Aktivitäten darstellen

Mit der dritten Frage „Sind ich und mein Körper dasselbe?“ betritt die Ausstellung den Bereich der Philosophie und Religion, erkundet aber auch weiter das Areal zeitgenössischer Hirnforschung. Hier ruht Descartes´ Schädel, es lockt aber schon die nächste Frage, wie wir uns die Welt selber konstruieren, wenn sie denn unser Wille und unsere Vorstellung ist.

Man kann auf einen Gipsabguss von Platon zurückblicken, um dann gegenwartsbezogen, aber auch zukunftsweisend über Gardar Eide Einarssons Lichtkasten „Don’t Believe Anything You Hear and Only Half of What You See” aus dem Jahr 2010 nachzudenken.

Bleibt am Ende die Frage, ob wir unser Gehirn optimieren sollen? Oder gar müssen. Manche Künstler bieten hier extrem verkabelte oder farbverlaufene Verfahren an. Stilbewusste Hirnoptimierer dürften aber eher auf Mirco Erbes „Thinking Cap“ aus dem Jahr 2012 setzen.

Mirco Erbe: Thinking Cap

Zukünftige Künstler und Wissenschaftler werden zu diesem Thema mit großer Wahrscheinlichkeit noch ganz andere Ideen präsentieren. Das Gehirn bleibt spannend und auch in den nächsten Jahrhunderten eine unserer größten Herausforderungen.

Das Gehirn in Kunst & Wissenschaft, Bundeskunsthalle (Bonn), 28. Januar bis 26. Juni 2022. Eine virtuelle Version der Ausstellung gibt es unter ➤ www.gehirn.art.