Das ungehörte Leben

Wolfgang Heimbach zählte zu den vielbeachteten Künstlern des 17. Jahrhunderts und ist doch bis heute ein weitgehend Unbekannter. Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg widmet dem gehörlosen Barockmaler nun die weltweit erste Retrospektive.

Im 17. Jahrhundert standen körperliche Beeinträchtigungen der gesellschaftlichen Reputation und einer internationalen Karriere in aller Regel im Wege. Nicht so bei Wolfgang Heimbach, der auch in seinen Bildern – etwa in „Der Kranke“ (1669) – ausdrücklich Empathie für Kranke, Ausgegrenzte und Benachteiligte zeigen wollte.

Der in Ovelgönne geborene Heimbach lebte in verschiedenen deutschen Städten, aber auch in den Niederlanden, Italien und Dänemark. Zu seinen Auftraggebern zählten neben dem Grafen von Oldenburg und dem Fürstbischof von Münster reiche Kaufleute und gekrönte Häupter, die Medici und Papst Innozenz X.

Das Oldenburgische Landesmuseum hat 50 Gemälde versammelt, die einen vielfältigen Einblick in Heimbachs Gesamtwerk und seine eigenwillige Themenwahl und Darstellungsweise ermöglichen. Das kürzlich wiederentdeckte, mehrere Erzählebenen vereinende Gemälde „Der gegeißelte Christus“ (1658) ist ebenso Teil der Retrospektive wie das hintersinnige „Mahlzeitenstilleben mit Magd hinter einem Fenster“ (1670) oder das freizügige, homoerotische Bild „Badende Mädchen“ (1652), das offenbar für die Privaträume des Oldenburger Grafen Anton Günther bestimmt war.

Eine außergewöhnliche Werkschau, die auch über das Museum hinausweist. Denn angesichts der Alltagsszenen, Porträts und Stillleben taucht immer wieder die Frage auf, welchen Einfluss die Gehörlosigkeit auf Heimbachs Leben und Werk hatte – und wie sich vergleichbare Einschränkungen heute auf Kunst und Gesellschaft auswirken.

Wolfgang Heimbach – Ungehört, bis 28. August 2022 im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg. Ein Multimediaguide wird auf der ➤ Homepage des Museums angeboten.