Der Hut als Eheretter

Mit seinen Filmmusiken für Federico Fellini, Luchino Visconti oder Francis Ford Coppola erlangte er Weltruhm, doch die Bühnenwerke, Konzerte oder Kammermusiken von Nino Rota wurden lange Zeit weder ernst- noch überhaupt wahrgenommen. In den letzten Jahren hat sich das geändert und nun liegt endlich auch wieder eine Gesamtaufnahme seiner vergleichsweise erfolgreichsten Oper vor.

Eigentlich ist Fadinards Pferd an allem Schuld. Hat es doch in einem unbeobachteten Moment den Florentiner Strohhut der schönen Anaide gefressen, die gerade von mit ihrem Geliebten Emilio abgelenkt wurde. Der untreuen Dame droht nun die Rache des tobsüchtigen Ehemanns, während Fadinard um seine eigene Hochzeit bangen muss, sollte es ihm nicht gelingen, schnell Ersatz für die durchgekaute Kopfbedeckung zu finden. Auf der verzweifelten Suche folgen ihm seine liebreizende Verlobte Elena, der bärbeißige Schwiegervater in spe Nonancourt und die gesamte Hochzeitsgesellschaft. All das könnte in einer mittelschweren Katastrophe enden, doch nach knapp zwei Stunden trägt Anaide wieder einen Florentiner Hut. Und damit ist alles in bester Ordnung.

Die turbulente Komödie von Eugène Labiche und Marc Antoine Amédée Michel war bereits mehrfach bearbeitet und für die Kinoleinwand adaptiert worden („Der Florentiner Hut“, 1939), als sich Nino Rota 1944 daranmachte, ihre Operntauglichkeit unter Beweis zu stellen. Im April 1955 wurde seine Version in Palermo uraufgeführt und avancierte schnell zum beliebtesten Bühnenwerk des Komponisten. Die neoklassizistische, melodienreiche Tonsprache und die zahlreichen Wiedererkennungseffekte, die sich aus Rotas virtuosem Zwiegespräch mit der Opern- und Operettengeschichte ergeben, ließen ein Pasticcio auf höchstem Niveau entstehen, das bis heute durch sein atemberaubendes Tempo verblüfft.

Die Oper endet folgerichtig nicht mit einer detaillierten Aufklärung der verworrenen Geschehnisse. Sondern aus purer Erschöpfung. Den Solisten der Neueinspielung ist die Anstrengung der viel Timing, Wandlungsfähigkeit und Spielwitz verlangenden Partien allerdings nicht anzuhhören. Piotr Buszewski (Fadinard), Tetiana Miyus (Elena), Daeho Kim (Nonancourt), Anna Brull (Baronessa di Champigny), Ivan Oreščanin (Beaupertuis) bilden die Spitze einer durchgehend mitreißenden Ensembleleitung. Daniele Squeo treibt das Geschehen am Pult der Grazer Philharmoniker derweil unermüdlich voran.

Coronabedingt wurde die Gesamtaufnahme 2021 im Studio und vor der Bühnenproduktion realisiert, die nun im Mai 2023 im Grazer Opernhaus Premiere feiert. Wer Gelegenheit hat, sollte sich „Il cappello di paglia di Firenze“ unbedingt auf der Bühne anschauen – natürlich ohne auf die CD zu verzichten …

Nino Rota: Il cappello di paglia di Firenze, Capriccio, 2 CDs