Schuf ein Osnabrücker „eines der interessantesten Opernwerke der Neuzeit“? August Ludwig, Rezensent der „Neuen Berliner Musikzeitung“, war fest davon überzeugt. Dabei hatte er die Oper „Kenilworth“ noch gar nicht gehört. Die Noten reichten ihm, um dem in Osnabrück geborenen Komponisten Bruno Oskar Klein eine große Zukunft vorauszusagen.
Ludwig erwies sich zunächst als guter Prophet. Die Uraufführung der Oper bescherte dem Hamburger Stadttheater am 13. Februar 1895 einen durchschlagenden Erfolg. Der Komponist wurde nach jedem Akt auf die Bühne gerufen und von der Kritik begeistert gefeiert. Da sei „ein genial veranlagter Musiker“ am Werk, „dem das heiße Blut des Dramatikers in den Adern rollt“, hieß es in den „Hamburger Nachrichten“. „Die Partitur enthält wahre Perlen von Instrumentationskunst, poesiedurchtränkte Scenen, berückende Stimmungsbilder, wie z. B. das Vorspiel zum dritten Act“, meinte der „Hamburgische Correspondent“.
Kleins Musikdrama nach dem Roman von Walter Scott erlebte in Hamburg noch weitere Aufführungen und sollte auch an der Berliner Hofoper zu sehen sein. Doch schließlich setzten Theater und Zuschauer allerorten auf andere interessante Opernwerke. „Kenilworth“ verschwand – vermutlich für immer – in der Versenkung.
Auch an den Komponisten, der 1856 als Sohn des Organisten und Musikdirektors Karl Klein in Osnabrück geboren wurde, erinnern nur noch kurze Einträge in einigen Musiklexika. Bruno Oskar Klein besuchte das Gymnasium Carolinum und studierte in München unter anderem bei Josef Rheinberger (1839-1901), der zu den erfolgreichsten Komponisten des späten 19. Jahrhunderts gehörte. Schon mit 17 Jahren veröffentlichte Klein eigene Kompositionen, die ihm einen wohlwollenden Brief des berühmten Franz Liszt bescherten.
Mit Anfang 20 wanderte er in die Vereinigten Staaten aus und ging zunächst auf Konzertreisen. In New York wurde Klein, der seinen zweiten Vornamen nun mit „c“ schrieb, Organist an der Kirche St. Francis Xavier. Er gehörte zur Leitung des „German Theatre“, unterrichtete am Konservatorium und komponierte zahlreiche geistliche Werke, Kammermusik, Lieder und Orchesterwerke. Intensiv beschäftigte sich Klein mit der musikalischen Tradition seiner Wahlheimat, so etwa in den „Vier Amerikanischen Tänzen“ für großes Orchester.
Als Bruno Oskar Klein 1911 in der Madison Avenue starb, widmete ihm auch die „New York Times“ einen Nachruf. Über sein vermeintlich bahnbrechendes Opernwerk erfuhren die Leser darin allerdings nur noch: „His opera „Kenilworth“ was produced in Hamburg in 1895“ …