Der Silberschatz vom Börsteler Wald

Im Frühjahr 1940 kamen 16 Kühe bei einem Brand ums Leben. Als die Kadaver im Börsteler Wald verscharrt werden sollten, machte man beim Ausheben der Grube eine erstaunliche Entdeckung. Aus dem Erdreich wurden zwei Tongefäße aus Siegburger Steinzeug geborgen. Mit einem Spaten zerstörten die Finder versehentlich einen der beiden Krüge, der so seinen Inhalt – zahlreiche Münzen aus dem Spätmittelalter – preisgab.

Über diese kleine Sensation berichtete auch die regionale Presse, doch bald danach geriet der Münzfund fast in Vergessenheit. Einem aktuellen Kooperationsprojekt ist es nun zu verdanken, dass es viele spannende Geschichten rund um den Münzfund von Börstel zu erzählen gibt.

Aber nun der Reihe nach: Was passierte mit den Silbermünzen, die viele Jahrhunderte tief im Wald vergraben lagen, ehe sie 1940 wiederentdeckt wurden? Zur Analyse der Münzen wurde der bekannte Osnabrücker Numismatiker Dr. Karl Kennepohl hinzugezogen. Der Münzfund von Börstel besteht aus 3.311 Pfennigen und Vierlingen, die in die Jahre zwischen 1297 und 1408 datieren. Von den 3.311 Exemplaren gingen in den Jahren nach ihrer Auffindung 48 Stück an das Münzkabinett Berlin, 2.473 Münzen befinden sich zurzeit bei der Klosterkammer Hannover, 201 gehören dem Landkreis Osnabrück und liegen im Niedersächsischen Landesarchiv – Abteilung Osnabrück verwahrt.

Bei archäologischen Nachuntersuchungen im Dezember 2019 und Januar 2020 wurden 13 weitere Münzen gefunden. Was mit den restlichen über 500 Münzen geschah, lässt sich nicht mehr eindeutig klären, zum Teil gelangten Exemplare über Privatsammlungen in den Münzhandel.

Das Versteck

Das Kloster Börstel, gegründet 1244 als Zisterzienserinnenkloster in Menslage und bereits um 1250 nach Börstel verlegt, hat auch unruhige Zeiten miterlebt. Angriffe und Raubzüge sind für die Jahre 1285, 1299 und 1352 urkundlich belegt. Forschungen zeigen, dass Schatzfunde in unserer Region im Zusammenhang mit der Tecklenburger Fehde um 1400 vermehrt vergraben worden sind.

Blick auf die Klosterkirche

Möglicherweise wurde das Geld vom Kloster Jahrzehnte lang gespart und dann an einem sicheren Ort untergebracht. Da keine Banken existierten, wurden Münzen in Hauswänden, Möbelstücken, im Mauerwerk oder in der Erde versteckt. Oder liegt der Grund der Vergrabung doch ganz woanders?

Motive auf den Münzen

Bei näherer Betrachtung lassen sich erstaunliche Ähnlichkeiten, aber auch auffallende Unterschiede entdecken. Ob nun Bischof, Heiliger oder Graf mit wechselnden Attributen wie Mitra, Bischofsstab, Buch, Schwert, Reichsapfel und Zepter oder die Darstellung von Architekturelementen, Stadtwahrzeichen und Familienwappen – auf die Feinheiten kommt es an! Wiederkehrende und erkennbare Motive auf den Münzen waren wichtiger als eine korrekte Umschrift, da ein Großteil der Bevölkerung nicht lesen konnte.

Auf der Vorderseite ist der Osnabrücker Bischof Melchior von Grubenhagen (1369-1376) dargestellt, mit Mitra auf dem Kopf und Bischofsstab in der Hand.
Auf der Rückseite sieht man unter einem von zwei Säulen getragenen Gewölbe das Osnabrücker Rad, darüber ein Turm zwischen zwei Kreuzfahnen.

Mit jedem Amtswechsel wurde eine neue Münze geprägt, die sich von der vorherigen unterscheiden musste. Manchmal waren es auch mehrere innerhalb einer Regierungszeit, z.B. prägte der Osnabrücker Bischof Dietrich von Horne insgesamt vier Münzserien. Geldstücke wurden gerne auch gefälscht, besonders die Münsteraner Exemplare standen diesbezüglich hoch im Kurs. Im Jahr 1370 überführte Bischof Florenz den Bremer Münzfälscher Peter Cornegel. Die Nachahmungen unterscheiden sich meist nur in kleinsten Details vom Original.

Der Wert des Schatzes

Erste Orientierungshilfe bietet der Silberwert, dazu werden Gesamtgewicht und aktueller Preis verrechnet. Der heutige reine Silberwert würde lediglich rund 1.700 € betragen. Diese Summe verdeutlicht allerdings nicht die Kaufkraft im Spätmittelalter.

Zu dieser Zeit ließen sich die Münzen einfacher umrechnen: 12 Pfennige = 1 Schilling und 12 Schillinge = 1 Mark. Auch ein Blick in die Stadtrechnungen aus dem 14. Jahrhundert ist hilfreich. Ein Maurer verdiente 11 Pfennige am Tag (9 Arbeitsstunden), 66 Pfennige in der Woche (6 Tage Woche), also 264 Pfennig im Monat. Ein Zimmermann hingegen erhielt acht bis neun Pfennig, etwa 54 Pfennig pro Woche, verfügte folglich über 216 Pfennig am Monatsende. Somit hatte der Münzfund einen „Wert“ von etwa 14 Monatslöhnen eines Handwerkes, für damalige Verhältnisse eine stattliche Summe.

Die Münzen waren zuletzt 2020 in der Sonderausstellung „vergraben & geborgen. Münzfund Börstel“ im Museum im Kloster / Bersenbrück zu sehen. | Judith Franzen / Ko-Autorin: Mareike Jans