Die bewunderte Schöpferin vortrefflicher Musik

In der Regel hält sich unser Zeitalter zugute, herausragenden Komponistinnen, die in vergangenen Jahrhunderten verkannt und benachteiligt wurden, endlich die verdiente Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Im Fall von Marianna Martines (oder Martinez) sieht die Lage etwas anders aus.

Die 1744 in Wien geborene Tochter neapolitanischer Eltern war schon zu Lebzeiten eine musikalische Instanz und gesellschaftliche Attraktion – ähnlich wie ihre Zeitgenossin Maria Theresia von Paradis. Der Musikschriftsteller Charles Burney pries Martines als „vollkommenste Sängerin“, die er jemals gehört hatte, lobte ihre „vortrefflichen Kompositionen“ und rang sich das Zugeständnis ab: „Ich kann mit einer gewöhnlichen Sprache keine ungewöhnlichen Wirkungen beschreiben.“

Haydn, Bonno, Porpora und Hasse zählten zu ihren Lehrern, Mozart und Metastasio zu ihren Bewunderern – und Joseph II. soll bei ihren Auftritten am kaiserlichen Hof eigenhändig die Noten umgeblättert haben. Die Accademia Filarmonica di Bologna nahm Marianna Martines als erste Frau in ihren erlauchten Kreis auf, doch aus ihrem Talent einen Beruf zu machen, erlaubte das 18. Jahrhundert nicht. Spätere Musikkritiker stellten sogar die kompositorischen Fähigkeiten der Martines in Abrede oder behaupteten vorsichtshalber, ihre Partituren seien verschollen.

Tatsächlich gilt das nur für einen Teil ihres Oeuvres und die überlieferten Werke rechtfertigen allemal die Beachtung, die ihnen in den letzten Jahren wieder verstärkt zuteil wurde. Wolfgang Brunner, die Salzburger Hofmusik, acht vorwiegend am Salzburger Mozarteum ausgebildete Vokalsolisten und zusätzliche Chorsänger bereichern die überschaubare Diskographie nun mit zwei hörenswerten Psalm-Kompositionen.

Das „Dixit Dominus“ mit dem gediegenen Quartett „Dominus a dextris“ und dem effektvollen Schlusschor „Gloria Patri“ war Martines´ Bewerbung für die Aufnahme in die Accademia Filarmonica. Die Kantate „Come limpide“ bringt mit dem Zupfinstrument „Salterio“ eine echte Rarität ins Spiel und gefällt durch ihre abwechslungsreiche, den jeweiligen Stimmungswechseln angepasste Tonsprache.

Die gefällige Symphonie in C-Dur (1770) schlägt mittendrin einen farbenfrohen Bogen zwischen den beiden geistlichen Werken.

Marianna Martines: Dixit Dominus, Psalms 110 & 115, cpo