Die Kunst der Verwandlung

15 Symphonien wollte Karl Ditters von Dittersdorf den berühmten „Metamorphosen“ des römischen Dichters Ovid widmen. Wir kennen nur sechs von ihnen in vollständiger Orchestrierung, doch das halbe Dutzend erfreut sich noch immer großer Beliebtheit bei Freunden der Wiener Klassik. Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn legt unter der Leitung von Case Scaglione eine gelungene Neueinspielung vor.

Dass ausgerechnet die Werke, die der Veränderung ein musikalisches Denkmal setzen, den Wandel der Zeiten (und musikalischen Vorlieben) überstanden haben, spiegelt ein wenig das Schicksal des Mozart- und Haydn-Freundes Karl Ditters von Dittersdorf (1739-99). Der zu Lebzeiten in ganz Europa berühmte Komponist hatte wohl damit gerechnet, dass ein größerer und womöglich ganz anderer Teil seines Oeuvres die Nachwelt auch noch posthum begeistern würde. Doch die Wahl der später Geborenen fiel auf ein, zwei Konzerte, das Singspiel „Doktor und Apotheker“ und die in den 1780er Jahren entstandenen Ovid-Symphonien.

Dabei handelt es sich nicht um Programmmusik im Sinne des 19. Jahrhunderts, aber doch um den Versuch, die Abenteuer von Phaeton, Aktaeon, Andromeda und Perseus oder der in Frösche verwandelten lykischen Bauern musikalisch zu illustrieren. Karl Ditters von Dittersdorf lässt es blitzen und quaken, es wird marschiert, auf die Jagd gegangen, geliebt, getanzt und geklagt.

Doch die Symphonien sind auch ohne intime Kenntnis der literarischen Vorlage ein ästhetisches Vergnügen, das Dittersdorf als einen der versiertesten Komponisten seiner Generation ausweist. Das gilt – wie Kai M. Schabram im Booklet überzeugend ausführt – durchaus auch unter dem Aspekt, dass der gebürtige Wiener auf dem von Mozart und Haydn beherrschten „Markt“ auf die Suche nach eigenen erfolgversprechenden und innovativen Ideen gehen musste.

Case Scaglione, der gerade die sechste und letzte Spielzeit als Chefdirigent des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn bestreitet, hat die Ovid-Symphonien mit seinen Instrumentalisten bereits Ende 2020 eingespielt. Die metamorphe Idee von Text und Partitur wird hier mit entspannten Tempi, viel Liebe zum Detail und obendrein noch auf höchst unterhaltsame Weise umgesetzt. Erst nach zwei Stunden kommt der stete Wandel der Farben und Formen zur Ruhe. Aber man kann ja auch noch einmal von vorne anfangen …

Karl Ditters von Dittersdorf: 6 Symphonien nach Ovids „Metamorphosen“, 2 CDs, cpo