Er sei ein öder musikalischer Spaßmacher, der sich viel einbilde, aber nicht viel könne, ätzte Wolfgang Amadeus Mozart und die Nachwelt folgte dem harschen Urteil ohne weitere Prüfung. Eine neue CD mit Werken von Georg Joseph Vogler (1749-1814) legt nun nahe, den Abbé etwas milder zu beurteilen.
Er war Kaplan, Kapellmeister und Komponist, Musikpädagoge, Lehrer von Berühmtheiten wie Carl Maria von Weber und Giacomo Meyerbeer, aber auch Organist, Orgelbauer und -erfinder, vor allem aber ein ewig Reisender, den es durch ganz Europa und möglicherweise sogar bis nach Nordafrika trieb. Trotz dieser vielen Talente, die Vogler oft gleichzeitig auszuleben versuchte, hinterließ er ein beachtliches musikschriftstellerisches und kompositorisches Oeuvre.
Letzterem verhilft das Münchner Rundfunkorchester unter der gewohnt dynamischen Leitung von Howard Griffiths jetzt zu neuem Glanz. Im Mittelpunkt der sehr transparent klingenden und detailfreudigen Aufnahme steht Voglers dritte und letzte Symphonie mit dem Beinamen „Scala“ (1799-1800). Dem wohl beabsichtigen Vergleich mit Mozarts „Jupiter“-Symphonie hält das 20-minütige Werk am Ende nicht stand. Das höchst anmutige Andantino und das kontrapunktische Vexierspiel im turbulenten Finale erklären aber schnell, warum sich dieses Werk und auch andere Partituren des Abbé einst beachtlicher Popularität erfreuten.
Voglers Ouvertüren dürfen ohnehin als reizvolle Entdecklungen gelten, auch wenn ihre formale Anlage einem schon damals vergangenen Zeitalter zu huldigen scheint. Bert Hagels weist in seinem umfangreichen Booklet-Beitrag darauf hin, dass die altertümliche dreiteilige Anlage im Sinne der Sonatenform verstanden werden kann und dann eine durchaus moderne „Einsätzigkeit in der Mehrsätzigkeit“ darstellt.
Die Ouvertüren zu den Opern „Gustav Adolf und Ebba Brahe“ (1786-87), „Samori oder Der verdrängte Prinz“ (1811), „Castor und Pollux“ (1787), „Der Kaufmann von Smyrna“ (1771) und die Einleitung der Musik zu Kotzebues Schauspiel „Die Kreuzfahrer“ (1803) erweisen sich in jedem Fall als erfindungs- und abwechslungsreiche Stimmungsbilder, die auch im Publikum des 21. Jahrhunderts Freunde finden dürften.
Georg Joseph Vogler: Scala-Symphonie & Ouvertüren, cpo