Nach zwei vielbeachteten CD-Produktionen mit Werken von Amy Beach, Amanda Maier-Röntgen und Dora Pejačević widmet das Trio Orelon seine neueste Einspielung zwei veritablen Repertoirewerken. Sie stammen aus der Feder desselben Komponisten, zeigen ganz unterschiedliche Facetten seines Werks, aber eine ähnliche emotionale Bandbreite.
Antonín Dvořáks Trio f-moll op.65 nimmt nicht nur aufgrund seines Umfangs von rund 40 Minuten eine Sonderstellung ein. Es markiert auch den Beginn einer Schaffensphase, in der sich die Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksformen mit der künstlerischen Bewältigung von Lebenskrisen und der höchst produktiven Auseinandersetzung mit Johannes Brahms verbindet.
Die melancholische Grundstimmung wird oft mit dem Tod der Mutter im Dezember 1882 in Verbindung gebracht, doch es gibt da eben auch ein lichtreiches Allegretto grazioso und ein Finale, das mehr oder weniger energisch über Untiefen hinwegstürmt. Auf geheimnisvolle Weise scheint das Trio ständig eine neue Seite aufzuschlagen, es empfiehlt sich also, dem Namen des Ensembles (Orelo bedeutet in der Weltsprache Esperanto so viel wie „Ohr“) wörtlich zu folgen und ganz genau hinzuhören.
Technisch und interpretatorisch überzeugt die Einspielung von Judith Stapf (Violine), Arnau Rovira i Bascompte (Violoncello) und Marco Sanna (Klavier) auf ganzer Linie – auch im anschließenden e-Moll-Trio, das wohl zu Dvořáks populärsten Kompositionen gehört. Es besteht aus sechs „Dumky“, elegischen Balladen, die sich durch rasante Tempo-Stimmungs- und Tonartwechsel auszeichnen. Das eingängige Stück sei „für anspruchsvolle als auch weniger anspruchsvolle Geister“ gedacht, meinte der Komponist.
Doch wenn das motivische Puzzlespiel und die erst weitverzweigten, dann hymnisch gesteigerten Themen vielleicht nicht so aufwändig daherkommen wie im 3. Klaviertrio, haben wir es hier keineswegs mit einem unterkomplexen Werk zu tun. Man höre nur einmal den irisierenden dritten „Satz“ in der hinreißenden Darbietung des Trio Orelon. Oder einen der fünf anderen Dumky …
Antonín Dvořák: Klaviertrios Nr.3 f-Moll op.65 & Nr.4 e-Moll op.90, cpo