Ein „Heldengrab“ auf Reisen

Von Moosbewuchs und wucherndem Blattwerk verdeckt liegen seit vielen Jahrzehnten, in unmittelbarer Nähe des Eingangs zum Museum im Kloster in Bersenbrück, etwas versteckt größere Steine in einem Kreis zusammen. Das Wissen darüber, was es mit den Findlingen auf sich hat, wie diese dort hingekommen sind und welche Funktion sie gehabt haben, ist fast in Vergessenheit geraten.

Die Geschichte um den Steinblockkranz nahm 1931 ihren Anfang. Nördlich von Ankum sollte im Zuge der Erschließung landwirtschaftlicher Nutzflächen in einem Bereich, der als „Kämpe“ oder „Auf dem Märsche“ bezeichnet wird, ein großer, mit Heidekraut und Gestrüpp bewachsener Hügel eingeebnet werden. Nachdem beim Abtragen mehr und mehr zum Teil sehr mächtige Steine zum Vorschein gekommen waren, wurden die Erdarbeiten unterbrochen. Der Landrat des damaligen Kreises Bersenbrück, Hermann Rothert (1875-1962) nahm die Situation persönlich in Augenschein. Die Vermutung, man sei auf ein „Heldengrab großen Ausmaßes aus grauer Vorzeit“ gestoßen, sollten archäologische Ausgrabungen klären.

Die archäologischen Untersuchungen wurden vom Osnabrücker Archäologen Hans Gummel (1891-1962) unter Mitarbeit von Otto Uenze (1905-1962) geleitet. Gummel war seit Anfang 1929 für zehn Jahre erster hauptamtlicher Direktor des Museums der Stadt Osnabrück. Bei den Ausgrabungsarbeiten in Ankum wurde der Hügel tortenähnlich in Segmenten ausgegraben. Diese Grabungstechnik wird angewendet, um an mehreren Stellen Bodenprofile aufnehmen, dokumentieren und damit Rückschlüsse auf seinen Aufbau ziehen zu können.

Grabungsfoto der Osthälfte des Steinblockkranzes von Otto Uenze.

Der ursprüngliche Grabhügel maß mindestens 20 m im Durchmesser. Er barg einen Kranz aus noch 60 eng gestellten, stellenweise in drei Schichten mauerartig gepackten Steinblöcken. Dieser Steinblockkranz hatte einen Durchmesser von 8 m und war rings um einen etwas dezentral liegenden einzelnen Findling angeordnet. Der einstmals mindestens 1,6 m hohe Grabhügel bestand aus bräunlichem, teils lehmigem Sand und überdeckte den gut 1 m hohen Steinkranz vollständig. Spuren einer Bestattung konnten nicht mehr entdeckt werden. Auch Grabfunde konnten nur noch in Resten geborgen werden, da der Grabhügel bereits zuvor durch Sandabbau in Teilen zerstört worden war oder sogar Raubgrabungen stattgefunden hatten.

Der Umzug nach Bersenbrück

Die Bauform, ein Grabhügel mit Steineinbauten, spricht für eine Datierung in die erste Hälfte der Bronzezeit, also in deren frühen und älteren Abschnitt zwischen ca. 2000 und 1200 v. Chr. Geb. Will man den Zeitraum der Errichtung noch weiter eingrenzen, so weist die Mehrzahl vergleichbarer, über Funde gut datierter Anlagen mit ähnlichen Konstruktionsmerkmalen aus Nord- und Nordwestdeutschland auf die ältere Bronzezeit (ca. 1500-1200 v. Chr.) hin.

Nach Beendigung der Ausgrabungsarbeiten wurde die Steinsetzung auf Anregung des Landrates Rothert abgebaut und vor das Bersenbrücker Kreismuseum versetzt. Der Steinblockkranz wurde zunächst annähernd originalgetreu in Durchmesser, Anzahl und Anordnung der Steine wiederaufgebaut. Als man vor dem Museum 1993 die Parkplatzflächen erweiterte, wurde die Anlage deutlich verkleinert und um mehrere Steine verringert. Hinzu kam außerdem ein zweiter, größerer Stein im Zentrum, bei dem ist nicht ganz klar ist, ob er wirklich zum ursprünglichen Ensemble gehört.

Der heute von der Stadt- und Kreisarchäologie im Osnabrücker Land wieder freigestellte Steinkranz ist nunmehr zugleich Zeugnis früher Menschheitsgeschichte und Hinweis auf die Bemühungen, dieses Relikt für zukünftige Generationen zu bewahren. Vor dem Ende 2018 modern umgestalteten und unter neuem Namen wiedereröffneten Museum im Kloster bietet seit 2019 zusätzlich eine Erläuterungstafel weitere Hintergrundinformationen über den Ankumer Steinblockkranz. | Judith Franzen, Ko-Autor: Axel Friederichs