Ein Prophet, ein Mann namens Larsen und ein großer Elefant

Er war der Sohn polnisch-jüdischer Einwanderer und wurde einer der bedeutendsten dänischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Doch außerhalb seines Heimatlandes kamen die Werke von Herman David Koppel (1908-98) nur sporadisch zur Aufführung. Bei danacord ist nun der siebte Teil einer umfangreichen CD-Edition erschienen, der neben dem imposanten „Moses“-Oratorium Lieder und Klavierstücke vorstellt.

Das 1963/64 komponierte Oratorium beginnt lange vor der zu erwartenden Geschichte mit der biblischen Schöpfung von Mann und Frau. Fortan haben der Erzähler und später auch Moses Gesellschaft – in Form (oder Person) einer Sopranstimme, die das Geschehen beobachtet, erleidet, kommentiert und bewertet. Sie repräsentiert die menschliche Perspektive auf den göttlichen Heilsplan und hat in allen sechs Teilen das letzte Wort.

Koppel stellt die Sopranistin, aber auch den Erzähler, die Titelfigur und den vielbeschäftigten Chor vor beträchtliche Herausforderungen und der überaus farbige, rhythmisch prägnante Orchestersatz wartet ebenfalls mit abrupten Stimmungs- und Tempowechseln auf. Trotz seiner avancierten Tonsprache bleibt die Musik zugänglich und nachvollziehbar, wobei sich auf der Doppel-CD allerdings auch noch deutlich eingängigere Stücke finden als der schwergewichtige „Moses“.

In dem Frühwerk „Gammel Dans“ (1924) zeigt sich der Komponist von seiner humoristischen und übermütigen Seite und auch die Liebe zum Jazz spielt fortan eine wichtige Rolle. Auf der zweiten CD finden sich Lieder aus Filmmusiken, der ohrwurmverdächtige „Sangen om Larsen“ („Song über einen Mann namens Larsen“, 1935), das hingebungsvolle Abendlied „Aftensang“ (1944) und die burlesken „50 Short Pieces for the Piano“. Die 1977 für seine Enkel entworfenen Porträts sind nur in sechs Fällen länger als eine Minute und widmen sich auf engstem Raum dem Tanz eines großen Elefanten, der Spielweise eines Xylophons, Maschinen unterschiedlichster Art, einem Dinosaurier, der Vorwärts- und Rückwärtsbewegung oder einem fallenden Stern.

Auf der musikalisch stimmigen, denkbar kompetent besetzten Interpretenseite hat die Doppel-CD etwas von einem Familientreffen. Koppels Werke werden u.a. von seiner Tochter Lone (Sopran, Klavier, Sprecherin) sowie den Enkeln Thomas Peter (Tenor, Sprecher) und Jonathan (Tenor) dargeboten, während Sohn Anders, wie Bruder Thomas einst Mitbegründer der Rockband „The Savage Rose“, den Text zum Lied „Ørkenhyrden“ beisteuerte.

Die Auseinandersetzung mit Koppels Schaffen umfasst dabei fast sechs Jahrzehnte. „Moses“ ist als Mitschnitt der Uraufführung vom 21. Oktober 1965 zu hören. Lone Koppel sang seinerzeit die Sopranistin, während Frans Andersson in der Rolle des Moses und Willy Hartmann als Erzähler auftraten. Die musikalische Leitung der noch immer eindrucksvollen Aufführung lag in den Händen von Miltiades Caridis. Alle Lieder und Klavierstücke wurden dagegen im Sommer 2023 aufgenommen.

Herman David Koppel: Moses und Two Songs op. 75; Two Songs op. 108; Gammel Dans; Aarstiderne op. 65; 50 Short Pieces for the Piano op. 99; Ørkenhyrden; Spindevise; Sangen om Larsen; Lille Diger Skrone; Aftensang, 2 CDs, danacord