Eine Fibel auf Reisen

Bei Gartenarbeiten in Ostercappeln-Haaren kam um die Jahresmitte 2020 ein Objekt zum Vorschein, das schon auf den ersten Blick ungewöhnlich aussieht. Das erdverkrustete Relikt ist aus Metall und weist zwei deutlich zu erkennende Buckel auf. Worum könnte es sich bei diesem Zufallsfund handeln?

Des Rätsels Lösung: Es ist ein Bruchstück einer bronzenen Fibel (Gewandschließe) mit vollplastischem, gestrecktem Bügel. Das Bügelfragment besteht aus zwei Hohlbuckeln, die sich mit Rippen abwechseln. Die Unterseite ist mit schmalen Bronzeblechstreifen verstärkt. Die Fibelnadel, sowie der Spiralapparat fehlen. Vermutlich handelt es sich um den Überrest einer Nussbügelfibel, wie sie neuerdings vereinzelt im Osnabrücker Land (insgesamt viermal) erkannt worden sind. Ihr Name leitet sich von ihrer formalen Ausprägung, die an Nussschalenhälften erinnert, ab.

Vergleichsobjekte gesucht

Gewandspangen erfüllen nicht nur einen rein praktischen Zweck, indem sie – einer Sicherheitsnadel durchaus ähnlich – einen Mantel oder ein Kleid verschließen. Sie zeugen meist auch von großer handwerklicher Geschicklichkeit und spiegeln den Modegeschmack ihrer Herstellungszeit wider, wobei sich Aussehen und Konstruktionsprinzip der Fibeln je nach Region deutlich unterscheiden können.

Nussbügelfibel aus Gretesch

Die erste Fibel der oben genannten Art tauchte bereits 2018 auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche in Osnabrück-Gretesch auf und verursachte zunächst einiges Stirnrunzeln bei der Osnabrücker Archäologie. Ein solcher Fund war dem zuständigen Stadt- und Kreisarchäologen bislang noch nicht untergekommen. Daher galt es zunächst als ein singuläres Exemplar für Osnabrück und das Osnabrücker Land.

Erst Vergleichsfunde aus dem benachbarten Westfalen führten auf die richtige Fährte. Auch dort konnten kürzlich einzelne Bronzeobjekte als Elemente von Nussbügelfibeln identifiziert werden. Das Gretescher Stück erinnert mit seinen drei Hohlbuckeln formal stark an eines der westfälischen Bespiele, das zudem massiv gegossen ist. Ein zweites Bügelfragment einer bronzenen Nussbügelfibel wurde ebenfalls 2020 beim Absuchen einer Ackerfläche nördlich des Mittellandkanals in Bohmte-Herringhausen entdeckt. Ein viertes Exemplar wurde 2021 in der Nähe von Osnabrück gefunden.

Balkanimporte und Nachempfindungen südeuropäischer Vorbilder

Nussbügelfibeln sind für den Nordwesten Deutschlands ein durchaus ungewöhnlicher Fibeltyp und daher eine kleine Besonderheit. Sie datieren in die vorrömische Eisenzeit ab etwa dem 3./2. Jahrhundert v. Chr. bis um Christi Geburt. Ihre Hauptverbreitung liegt im Balkanraum, dort schwerpunktmäßig in Südostslowenien sowie um Karlovac (Kroatien) und Bihać (Bosnien-Herzegowina). Das Bügelfragment aus Bohmte-Herringhausen ist wohl ein Import aus dem Balkangebiet.

Nussbügelfibel aus Herringhausen

Der Gretescher Fund, das 2021 gefundene Stück und auch das Exemplar aus Ostercappeln-Haaren sind wahrscheinlich keine Einfuhrware, sondern mittel- bis späteisenzeitliche einheimische Nachempfindungen der südosteuropäischen Vorbilder. Dafür jedenfalls spricht die Verstärkung der Unterseite mit Bronzeblechstreifen.

Die mit knapp 5 cm verhältnismäßig kleinen Objekte bezeugen einmal mehr die großräumigen Handelsbeziehungen und Kontakte des Nordwestens zum keltischen Kulturraum. Eine Ausgrabung an der Fundstelle in Ostercappeln-Haaren erbrachte keine weiterführenden Befunde. Am ehesten wird es sich also um einen Verlierfund oder um ein verschlepptes Stück handeln.