Finnisches Traumgeschenk und böhmische Sehnsucht

Auf seinem neuen Album spielt der finnische Pianist Olli Mustonen das 3. Klavierkonzert seines Landmanns Einojuhani Rautavaara mit dem Beinamen „Traumgeschenk“ und das 3. Klavierkonzert von Bohuslav Martinů. Eine großartige Kombination!

Dritte Klavierkonzerte ließen sich so einige sinnvoll nebeneinander stellen. Die von Ludwig van Beethoven und seinem Schüler und späteren Biographen Ferdinand Ries zum Beispiel. Tschaikowsky und Rachmaninoff kämen da ebenfalls infrage oder auch die Kollegen Prokofjew und Bartók. Die Reihe ließe sich wohl noch eine ganze Weile fortsetzen, ehe jemand auf die Paarung Einojuhani Rautavaara (1928-2016) und Bohuslav Martinů (1890-1959) käme. Doch die Zusammenstellung der beiden im Abstand von 50 Jahren (1949/1999) uraufgeführten Werke ist absolut plausibel – und ein echtes Hörerlebnis.

Beide Komponisten fanden ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Weg durch die Strömungen und Schulen des 20. Jahrhunderts. Ohne den Impressionismus und Neoklassizismus, ohne Strawinsky, Debussy und Bartók, ohne barocke Vorbilder, modernen Jazz und die Volksmusik ihrer finnischen bzw. tschechischen Heimat ist ihre Musik gleichwohl nicht denkbar. In den Klavierkonzerten verdichten sich diese Inspirationen und die Unzahl eigener Erfindungen zu facetten- und farbenreichen Meisterwerken, die in einem phantastischen Finale gipfeln, das Rautavaara – etwas treffender als der „Moderato-Allegro“ postulierende Martinů, aber immer noch sehr prosaisch – „Energico“ überschrieben hat.

Energiegeladen und nuancenreich spielt Olli Mustonen aber auch die anderen fünf Sätze, Rautavaaras feinnervige Traumgespinste und Martinůs begeistert auftrumpfende, dann wieder schattenhafte und immer sehnsuchtsvolle Reminiszenzen, mit denen der gebürtige Böhme in den USA den Verlust seines der kommunistischen Diktatur preisgegebenen Heimatlandes verarbeitete. Das Lahti Symphonie Orchestra unter Dalia Stasevska versteht sich als Dialogpartner im besten Sinne. Es begleitet den Ausnahmepianisten hellwach und leidenschaftlich, setzt aber auch eine Reihe eigener Akzente.

Einojuhani Rautavaara: Klavierkonzert Nr.3 „Gift of Dreams“ / Bohuslav Martinů: Klavierkonzert Nr. 3, BIS