Violinsonaten waren in Frankreich nicht besonders populär, doch Camille Saint-Saëns erzielte gleich mit seinem ersten Gattungsbeitrag 1886 einen durchschlagenden Erfolg. Zehn Jahre später ließ er einen weiteren folgen, der völlig anders geartet war und Saint-Saëns vermuten ließ, man werde dieses Werk erst beim achten Hören verstehen.
Für so manche kompositorische Feinheit mag das tatsächlich gelten, andererseits vermittelt sich die Schönheit der Es-Dur-Sonate durch ihre klassische Anlage, die elegante Melodieführung und den schwerelosen Klang beider Instrumente ganz unmittelbar. Auf die Balance kommt hier fast alles an, was den Komponisten veranlasst haben mag, sich auch mit weit über 80 Jahren noch selbst ans Klavier zu setzen und zu bedauern, dass er nicht auch noch den Violinpart übernehmen konnte.
Viel hingebungsvoller als Cecilia Zilliacus hätte ihn Saint-Saëns allerdings kaum spielen können und vermutlich wäre er auch mit dem Pianisten Christian Ihle Hadland einverstanden gewesen. Schließlich entspinnen die beiden zwischen Geige und Klavier eine Fülle aufregender, abwechslungsreicher und spannungsgeladener Dialoge, die in dem nervösen, von überraschenden Stimmungswechseln geprägten Andante einen besonderen Höhepunkt finden.
In dem zehn Jahre früher entstandenen Werk sind Zilliacus und Hadland auf ganz andere Weise gefordert. Eine echte „Kometensonate“ wollte Saint-Saëns schreiben, eine, die „das Universum verwüsten und auf ihrem Weg Schrecken und Kolophonium verbreiten“ werde. Ob Marcel Proust hier tatsächlich das Urbild der Sonate von Vinteuil gefunden hat, die durch sein gigantisches Romanprojekt „À la recherce de la temps perdu“ klingt, lässt Booklet-Autor Jean-Pascal Vachon offen – und es bleibt auch kaum Zeit darüber nachzudenken. Nach dem fulminanten Allegro agitato nimmt auch der nachdenklich beginnende zweite Satz schnell wieder Tempo auf, ehe ein munteres Allegretto moderato in das spektakuläre Finale übergeht, das für beide Instrumentalisten zu einer Grenzerfahrung wird.
Cecilia Zilliacus und Christian Ihle Hadland meistern sie mit Bravour und auch der Harfenist Stephen Fitzpatrick bekommt noch Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen. Als opulente Zugabe spielt er mit Zilliacus ein eigenes Arrangement der bezaubernden Berceuse op.38 und die Fantaisie für Violine und Harfe, die 1907 in Bordighera entstand und Camille Saint-Saëns einmal mehr als Meister ausgefeilter Klangwirkungen zeigt.
Camille Saint-Saens: Sonaten für Violine und Klavier Nr.1 & 2, Fantaisie op. 124 für Violine & Harfe; Berceuse op. 38 für Violine & Harfe, BIS