Als er von der nationalsozialistischen Barbarei aus Europa vertrieben wurde, gehörte Karl Weigl zu den renommierten Komponisten seiner Generation. Doch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gerieten seine Werke immer mehr in Vergessenheit. Erst in den letzten Jahren ist das Interesse an dem Mahler-Schüler und Schönberg-Freund neu erwacht.
„Ein Unzeitgemäßer, doch kein Epigone. Solch einer hat es besonders schwer“, notierte Max Brod, als er im Oktober 1931 das Klavierkonzert von Karl Weigl erlebte. Besser kann man kaum beschreiben, wie der 1884 in Prag geborene Komponist das romantische Erbe an- und aufnahm, um sich neben den dominanten Strömungen der musikalischen Moderne einen von der Tradition begründeten, aber doch ganz eigenen Weg zu bahnen. Er blieb dabei auf dem Boden der Tonalität, erkundete melodisch, rhythmisch und harmonisch aber immer wieder neue Möglichkeiten.
Scharfe Kontraste, aus denen ein spannungsgeladenes Gesamtbild entsteht, hauchzarte Melodien, die sich im Nachsinnen zu verlieren scheinen und burleske Kapriolen, die kaum schnell genug aneinander vorbeikommen, prägen die drei Sätze des Konzerts, das an Soloinstrument und Orchester beachtliche Anforderungen stellt. Wie so oft ist Oliver Triendl ein beredter Anwalt versunkener Schätze und auch die Jenaer Philharmonie weiß unter der hellwachen Leitung von Simon Gaudenz auf ganzer Linie zu überzeugen.
Die Tonsprache in den „Drei Gesängen für eine hohe Frauenstimme mit Orchester“, die Weigl 1916 nach Texten von Ricarda Huch komponierte, ist ausschweifender, überhitzter und doch weniger elektrisierend. Keine leichte Aufgabe für die norwegische Sopranistin Lina Johnson, die trotzdem nicht zögert, in der opernhaften Viertelstunde ihrerseits stimmliche Grenzregionen zu erkunden.
Das Mittelstück schlägt eine Brücke durch das Oeuvre Karl Weigls, denn die „Rhapsodie für Streichorchester“ entstand 1931, allerdings auf Basis des Streichsextetts in d-moll, das bereits 1906 komponiert wurde. Die klangschöne, klug akzentuierte Interpretation der Jenaer Philharmonie wirbt nachhaltig für ein überaus reizvolles, vielschichtiges, zwischen den Zeiten schwebendes Werk.
Karl Weigl: Klavierkonzert f-moll op.21, Rhapsodie für Streichorchester, Drei Gesänge für hohe Frauenstimme und Orchester, cpo