Hillers Rückkehr

In der Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts spielte er eine zentrale Rolle, heute ist Ferdinand Hiller nur noch Wenigen ein Begriff. Sehr zu Unrecht, wie die fulminante Einspielung seines Klavierquartetts op.133 und des Klavierquintetts op.156 durch Oliver Triendl und das Minguet Quartett zeigt.

Als Robert Eitner Anfang des 20. Jahrhunderts Ferdinand Hiller für die „Allgemeine Deutsche Biografie“ porträtierte, war der Gegenstand des Artikels bereits weitgehend in Vergessenheit geraten. Und Eitner trug seinen Teil dazu bei, damit sich daran nichts änderte. Er zählte den 1811 geborenen Frankfurter, der 1885 in Köln verstorben war, zu den Genies, denen es an Selbstkritik fehlte. „So lange sie ihren persönlichen Einfluß geltend machen können, der oft recht bedeutend ist, werden ihre Werke gespielt, gesungen und aufgeführt, sobald er aber durch ihren Tod aufhört, verschwinden ihre Werke in kurzer Zeit und Niemand frägt mehr nach ihnen, kaum daß sich ein oder das andere Werk auf Staatsbibliotheken rettet.“

An Hiller geht dieses Verdikt vorbei, auch wenn sich ein Großteil seines Nachlasses tatsächlich in eine Bibliothek – in diesem Fall die Frankfurter Universitätsbibliothek – „retten“ musste. Der nimmermüde Tonsetzer und brillante Pianist, der erst seit einigen Jahren langsam wiederentdeckt wird, war mehr als ein den Hintergrund der Großen vervollständigender Bekannter von Beethoven und Schubert, Rossini, Mendelssohn, Schumann und Brahms, Chopin, Liszt, Verdi oder Wagner. Auch wenn Hiller in der Auseinandersetzung zwischen Traditionalisten und Fortschrittsgläubigen nicht als Protagonist auftrat, entwickelte er eine Vielzahl eigenständiger musikalischer Ideen und eine kompositorische und satztechnische Brillanz, die kaum Vergleiche zu scheuen braucht.

Das Klavierquartett op.133 (1870), das schon im schnell dahineilenden „Allegro appasionato“ ein facettenreiches Panorama entwirft, und das Klavierquintett op.156 (1872), das vor allem durch sein überwältigendes Finale besticht, zeigen Hiller auf der Höhe seiner Kunst. Oliver Triendl und das Minguet Quartett bewältigen die enormen spieltechnischen Herausforderungen mit Bravour und ansteckender Begeisterung. Diese musikalische Darbietung ist – ebenso wie der detailreiche Begleittext von Michael Wittmann – ein eindrucksvolles Plädoyer für (viel) mehr Hiller. Bleibt also zu hoffen, dass die sehr überschaubare Diskografie bald Zuwachs bekommt.

Ferdinand Hiller: Klavierquartett op.133 / Klavierquintett op.156, cpo