Hoffnung in Zeiten des Krieges

Die „Missa in tempore belli“, die auch als „Paukenmesse“ bekannt wurde, gab Fürst Nikolaus II. Esterházy in Auftrag, um den Namenstag der Fürstin Maria Josepha Hermengilde angemessen zu feiern. Doch ihre Bedeutung reicht bis heute weit über die Entstehungsgeschichte, musikalische und liturgische Zusammenhänge hinaus. Joseph Haydn setzte mit diesem eindrucksvollen Werk ein Zeichen der Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten.

Noch eindringlicher als das Lob Gottes wird im „Gloria“ der Frieden auf Erden beschworen und von nun an setzt der Chor den martialischen Klängen immer wieder die Hoffnung auf ein freies, selbstbestimmtes, gewaltloses Leben entgegen. Dass dieser Kampf – mit Haltung und Hoffnung – gewonnen werden kann, demonstriert schließlich das „Agnus Dei“, in dem sich der verzweifelte Chor in einer letzten Kraftanstrengung dem apokalyptischen Aufmarsch der Kriegshorden entgegenstellt.

Haydns Messe, die wohl unter dem Eindruck der Invasion napoleonischer Truppen in die österreichischen Erblande entstand, endet mit dem auftrumpfenden C-Dur des „Dona nobis pacem“ und zeigt so den Weg aus einer existenziellen Bedrohung: Die Hoffnung, dass die Menschlichkeit am Ende über skrupelloses Machtstreben und Zerstörungswut siegen wird, darf niemals aufgegeben werden!

In den 226 Jahren seit der Uraufführung in der Wiener Piaristenkirche hat die „Missa in tempore belli“ nie an Aktualität verloren. Doch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine trifft die Wucht, mit der hier Lebensfreude, Schönheit und Würde auf einen mitleidslosen Vernichtungswillen prallen, uns wieder mit besonderer Vehemenz.

Chor und Orchester der J.S. Bach-Stiftung spielen die Messe auch 2022, die vorliegende, musikalisch begeisternde und überaus eindringliche Live-Aufnahme mit den Solisten Julia Doyle, Claude Eichenberger, Bernhard Berchtold und Wolf Matthias Friedrich stammt aber bereits aus dem Jahr 2013. Unter der animierenden Leitung von Rudolf Lutz wechseln hier bewegende Momente meditativer Versenkung und Strecken fast tonloser Verzweiflung mit energetischen Ausbrüchen, die eine unbändige Kraft und Zuversicht entfalten.

Joseph Haydn: Missa in tempore belli, Hob. XXII:9 „Paukenmesse”, JSB