In eigener Sache

Ferdinand Ries war Beethovens Schüler, Beethovens Sekretär, Beethovens Freund und Beethovens Biograph. Zeitweise war er so sehr Beethoven, dass selbst dem Gewaltigen Bedenken gekommen sein sollen, sein ebenfalls in Bonn geborener Kollege ahme ihn „doch zu sehr nach“. Dass Ries selbst ein Meister unterschiedlichster musikalischer Formen war, ist erst in jüngerer Zeit wiederentdeckt worden. Das Nash Ensemble stellt jetzt Kompositionen für zwei, drei und sechs Instrumentalisten vor.

Für seine Zeitgenossen war die Nähe zu Beethoven ohnehin eher ein Qualitätsmerkmal, denn zu Lebzeiten galt Ferdinand Ries in ganz Europa nicht nur als brillanter Pianist. Seine Kompositionen fanden in Deutschland und Österreich, aber auch in Russland, Schweden Großbritannien oder Italien weite Verbreitung und ein durchgehend positives Echo.

Diese Popularität verdankte Ries seinem musikalischen Erfindungsreichtum, einem besonderen Gespür für eingängige Melodien bei mitunter exorbitanten technischen Ansprüchen, aber sicher auch der Freude an überraschenden Wendungen – und Besetzungen.

Das Sextett in C-Dur (1817) versammelt um die hochvirtuose Klavierstimme zwei Violinen sowie Bratsche, Violoncello und Kontrabass und veredelt das Andante durch eine hinreißende Version der irischen Volksweise „Aisling an Óigfhear“. Auf diese Melodie wurde Thomas Moores Gedicht „The Last Rose of Summer“ gesetzt, sie inspirierte neben Ries – und Beethoven – bis heute Dutzende von Komponisten. Das Gegenstück in g-moll (1814) setzt dagegen auf eine originelle, sehr facettenreiche Kombination aus Klavier und Harfe, denen ein Kontrabass und drei Bläser (Klarinette, Fagott und Horn) sekundieren.

Das Nash Ensemble mit den vielbeschäftigten Pianisten Simon Crawford-Phillips und Benjamin Frith lässt beiden Sextetten eine ebenso elegante wie mitreißende Interpretation zuteil werden, überzeugt aber auch in dem raffinierten Zwischenspiel „Einleitung und russischer Tanz“ (1823) und dem einzigen Werk, das auf dieser CD Beethovens Befürchtung verdient haben könnte. Bei näherem Hinhören hat aber auch das Klaviertrio c-moll (1826 gedruckt, womöglich früher entstanden) seine ganz eigenen Qualitäten. Deutlich werden sie vor allem im zartgliedrigen Adagio con espressione, das ohne Vorwarnung in eine explosive Tarantella mündet.

Ferdinand Ries: Grand Sextet op. 100; Sextett op. 142, Klaviertrio op. 143 und Introduktion & russischer Tanz op. 113 Nr. 1, hyperion