In Zeiten des Umbruchs

Der Erste Weltkrieg bedeutete nicht nur in politischer und gesellschaftlicher Hinsicht eine tiefgreifende Zäsur. Auch in der Kultur vollzog sich ein Umbruch – inhaltlich, formal, aber auch im Hinblick auf die Kulturschaffenden. Dass Frauen dabei einen entscheidenden Beitrag leisteten, ohne gleich alle Brücken hinter sich abzubrechen, zeigt eine CD mit Werken für Cello und Klavier, die vier Komponistinnen zwischen 1911 und 1919 zu Papier brachten.

Die Cellistin Janne Fredens und ihr Klavier- und Ehepartner Søren Rastogi eröffnen ihr Projekt „Upheaval“ mit der opulenten Cellosonate in a-moll von Henriëtte Bosmans (1919). Die niederländische Komponistin steht hier noch ganz in der Tradition romantischer Kammermusik, streut aber auch impressionistische Klangwirkungen ein und befindet sich auf dem Weg zu einer eigenen Musiksprache. Fredens und Rastogi bringen die emotionale Wucht der Partitur auf einem gleichbleibend hohen Spannungsbogen wunderbar zur Geltung.

Ein unwiderstehlicher Vorwärtsdrang kennzeichnet auch die Cellosonate von Dora Pejačević (1913), die als ein Hauptwerk der kroatischen Gräfin gelten darf. Über rund 30 Minuten spannt sich eine beeindruckende Architektur, die aus der Begeisterung der Komponistin für Brahms und Dvořák keinen Hehl macht und doch ganz individuelle Töne anschlägt – vor allem im melancholischen, aber seltsam unruhigen Adagio sostenuto.

Die stimmungsvolle Interpretation des ursprünglich für Flöte und Klavier komponierten „Nocturne“ von Lili Boulanger (1911), der ersten weiblichen Preisträgerin des renommierten Grand Prix de Rome, schlägt die Brücke zu dem vielleicht avanciertesten Stück des Albums. Lilis Schwester Nadia tastet sich in ihren „Trois pièces“ (1914) von impressionistischen Momentaufnahmen in ein rhythmisches Abenteuer vor, das „vite et nerveusement“ in die Roaring Twenties führt.

UPHEVAL – Henriëtte Bosmans: Sonate für Cello und Klavier a-moll / Dora Pejačević: Sonate für Cello und Klavier op. 35 / Lili Boulanger: Nocturne / Nadia Boulanger: Trois pièces, OUR Recordings