Klangmagier der Belle Époque

Neun Jahre lang war Ivor Bolton Chefdirigent des Sinfonieorchesters Basel. Die letzte gemeinsame Aufnahme ist eine bewegende Hommage an den großen französischen Komponisten Ernest Chausson (1855-99).

Chausson starb mit nur 44 Jahren an den Folgen eines Fahrradunfalls. Aufgrund des frühen Todes blieb das Oeuvre überschaubar – und so ganz konnte und wollte er auch nie aus dem Schatten seines Lehrers César Franck und seines Idols Richard Wagner treten. Gleichwohl schuf Ernest Chausson einen ganz eigenen musikalischen Kosmos voll nachhallender Ideen, treibender Rhythmen und schillernder Harmonien.

Wie er die Klangwelt der Romantik über die Schwelle des Impressionismus schob, lässt sich schon in seiner funkelnden symphonischen Dichtung „Viviane“ und dann erst recht in der grandiosen Symphonie in B-Dur nachhören, die Francks D-Moll-Meisterwerk unbedingt Paroli bieten kann. Ivor Bolton und das Sinfonieorchester Basel kosten die lyrischen Melodiebögen bis zur Neige aus, verlieren aber nie den dramaturgischen Kontext aus den Augen und gestalten so auch die Konfliktherde und Spannungsbögen mit Leidenschaft und höchster Präzision.

Eine packende, optimal ausbalancierte Einspielung, die darüber hinaus mit vier ebenso deliziös interpretierten Raritäten aufwartet – und auf Chaussons berühmtestes Werk, das schier unvermeidliche „Poème“ für Violine und Orchester, dankenswerterweise einmal verzichtet. Neben dem ätherischen, von Jacques Gaillard instrumentierten „Pièce“ für Violoncello (und Orchester) erklingt eine Arie aus Chaussons unvollendeter Oper „Hélène“ in der hingebungsvollen Interpretation von Lauranne Oliva.

Die Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis zelebriert das Lied „Les Morts“ aus dem Zyklus „Chansons de Miarka“ und – gemeinsam mit Oliva – den suggestiven Auftakt der Liederreihe „La Nuit“. Den Cellopart im knapp zehnminütigen „Pièce“ spielt David Delacroix, seines Zeichens Solocellist des Sinfonieorchesters Basel. Besonders hervorzuheben ist schließlich die aufwändige CD-Gestaltung mit Hardcover und stilvoll bebildertem Booklet, für das der Lehrer, Organist, Sänger und Moderator Benjamin François einen informativen Begleittext beigesteuert hat.

Ernest Chausson: Symphonie op.20, Viviane op. 5, Pièce für Cello & Orchester op. 39, „La Nuit“op. 11 Nr. 1, „Cesse tes chants flatteurs“ aus „Hélène“; „Les Morts” aus „Chansons de Miarka” op. 17 Nr.1, Prospero