Kontrapunkte und letzte Wege

Mitte des 18. Jahrhunderts gehörte František Ignác Antonín Tůma (1704-74) zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Wiener Musikszene. Vor allem am kaiserlichen Hof wurde der Böhme hochgeschätzt.

„Nicht flimmernder, sondern solider Reichthum und innere Kraft“ zeichne seine Werke aus, alles in ihnen sei „wahrer, reiner Erguß eines andächtigen Gemüthes“, befand Constantin von Wurzbach in seinem „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich“ noch gut 100 Jahre nach dem Tod des Komponisten.

Tatsächlich zeichnet Tůmas „Requiem“ weniger die spätbarocke Prachtentfaltung als die meditative Versenkung in den Text und die liturgische Bedeutung einer „Missa della morte“ aus. Das bewegende Werk, das zum Innehalten einlädt, während es gleichzeitig durch den virtuosen Einsatz des Kontrapunkts und eine ausgeklügelte Verteilung von Singstimmen und Instrumentaleinsätzen glänzt, entstand 1742 aus Anlass der Überführung des zwei Jahre zuvor gestorbenen Kaisers Karls VI. in die Kapuzinergruft.

Tůma, der bei Johann Joseph Fux studiert und in Diensten des einflussreichen Grafen Franz Ferdinand Kinsky gestanden hatte, war zu diesem Zeitpunkt Hofkapellmeister der kaiserlichen Witwe Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel. Als sie acht Jahre später verstarb, wurde das Requiem auch auf ihrer Beisetzung aufgeführt.

Das „Miserere in c“ ist nur eine von mindestens sieben Vertonungen des Psalms 51 aus Tůmas Feder. Sie entstand im Jahr 1756 – vermutlich im Auftrag von Maria Theresia. Constantin von Wurzbach notierte, die Kaiserin habe dem Komponisten ihr eigenes Gebetbuch gesendet und „darin alle jene Stellen bezeichnet, welche sie in der Musik besonders accentuirt und hervorgehoben wünschte“. Nach Vollendung des Werkes soll die Auftraggeberin František Tůma mit hundert Dukaten in einem goldgestickten Beutel belohnt haben.

Beide Werke liegen nun – und man darf wohl sagen: endlich – in einer Weltersteinspielung vor. Das Czech Ensemble Baroque Orchestra unter Roman Válek spielt auf historischen Instrumenten und bringt auch die von Tůma vorgesehenen Barocktrompeten zum Einsatz. So entsteht ein nuancenreiches, dicht gewebtes Klangbild, das von dem sonoren Czech Ensemble Baroque Choir und einem engagierten Solistenensemble bereichert wird.

František Ignác Antonín Tůma: Missa della morte in c / Miserere in c, Supraphon