Konzert im Vergnügungspark

Über den britischen Komponisten William Smethergell ist wenig bekannt. Sein Leben lässt sich nur noch in Bruchstücken rekonstruieren, den Todestag vermutet die Forschung derzeit zwischen Ende 1835 und März 1836. Auch seine Werke sind offenbar zum großen Teil verloren gegangen oder nie gedruckt worden. Die wenigen, welche die Zeiten überdauert haben, lassen umso mehr aufhorchen – wie die Six Overtures op.5.

Im 18. Jahrhundert etablierten sich die Londoner „Pleasure Gardens“ als Stätten gehobener Unterhaltungskultur. Sie warben mit Restaurants, Maskenbällen, Konzerten, Ballonfahrten, Feuerwerken und vielen anderen Attraktionen. Die Schönen, Reichen und all jene, die sich ein Ticket leisten konnten oder in den diversen Etablissements beschäftigt waren, lebten an diesen Orten mitunter aber auch ihre weniger zivilisierten Bedürfnisse aus. In einem Beitrag für das Museum of London resümiert Danielle Thom: Simultaneously an art gallery, a restaurant, a brothel, a concert hall and a park, the pleasure garden was the place where Londoners confronted their very best, and very worst, selves.“

Die „Vauxhall Gardens“ waren der größte dieser Vergnügungsparks. Lange Zeit stand Georg Friedrich Händel, zu dessen Ehren hier 1738 eine lebensgroße Statue errichtet wurde, im Mittelpunkt der musikalischen Darbietungen. Etwa vier Jahrzehnte später dürften die 1780 veröffentlichten Ouvertüren op.5 von William Smethergell, der sein Geld als Organist, Bratschist und Musiklehrer verdiente, in „Vauxhall Gardens“ aufgeführt worden sein. Da sie später nachgedruckt wurden, erfreuten sich seine Werke beim Publikum offenbar großer Beliebtheit.

Das könnte den zumeist dreisätzigen Miniatur-Symphonien, die für Oboen, Hörner, Flöten oder Fagott auch solistische Aufgaben vorsehen, noch heute gelingen. Wenn sie denn weiter aufgeführt würden. Handelt es sich doch um überaus schöne, höchst vitale und abwechslungsreiche Stücke, die von beachtlicher melodischer Erfindungskraft zeugen.

Die sechs Ouvertüren liegen nun auf CD vor – fünf von ihnen als Weltersteinspielung. Unter der Leitung von Douglas Bostock lässt das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim die elektrisierende Atmosphäre der „Pleasure Gardens“ wieder aufleben und beweist durch seine mitreißende Darbietung, dass Smethergells Ouvertüren auch für ausführende Musiker eine reizvolle Repertoireerweiterung sind.

William Smethergell: Ouvertüren Vol.1, cpo