Krieg in den Straßen

Braune Relikte (3): Schlagstock mit Schlaufe.

Die innenpolitischen Kämpfe während der Weimarer Republik waren der Nährboden für den Machtzuwachs rechter Parteien wie der NSDAP. Er wurde mit allen Mitteln ausgetragen und erreichte bürgerkriegsähnliche Zustände. Es gab Verletzte und Tote. Bei der Verfolgung von Straftaten fiel die Justiz durch ihre einseitige Rechtsauslegung zugunsten rechter Täter auf. Dazu gehören u.a. auch die milden Strafurteile nach dem „Hitler-Ludendorff-Putsch“.

Die materiellen und mentalen Lasten der Kriegsniederlage (Reparationen, Gebietsverluste, „Schandfrieden“) belasteten die junge Weimarer Republik. Ihren außenpolitischen Erfolgen unter Stresemann standen schwere innenpolitische Konflikte entgegen. Sichtbarstes Symptom der fortwährenden Krise waren die paramilitärischen Organisationen der politischen Vereinigungen, die ihre Politik gewaltsam ‚auf der Straße‘ durchsetzen wollten. Dem revanchistischen rechten Terror, dem Politiker wie Rathenau oder Erzberger zum Opfer fielen, stand die extreme Linke gegenüber, die die Revolution von 1918/19 fortsetzen wollte. Die „Mitte“ versuchte den jungen Staat zu verteidigen.

Die Legende vom „Dolchstoß in den Rücken der siegreichen Armee“ wurde zur Kampfparole der politischen Rechten. Von der ehemaligen kaiserlichen Militärführung lanciert, sollte die Legende die aussichtslose Lage des Militärs und dessen eigene Fehler im Ersten Weltkrieg verschleiern. Stattdessen wurde den für den Waffenstillstand zuständigen, als „Novemberverbrecher“ denunzierten Politikern der späteren Weimarer Republik die alleinige Verantwortung für die Kapitulation von 1918 zugeschrieben.

Zudem sorgte die im Versailler Vertrag festgelegte Abrüstung unter einzelnen Truppen- und Freikorpsverbänden für Unruhe. Die im März 1920 verfügte Auflösung des Freikorps Ehrhardt unter General von Lüttwitz löste den „Kapp-Lüttwitz-Putsch“ aus. Der Regierung gelang es jedoch, den Staatsstreich mit einem Generalstreik unblutig zu beenden. Blutige Straßenkämpfe zwischen dem Roten Frontkämpferbund und der Polizei häuften sich ab 1930 reichsweit.

Ausstellung als Geste des Triumphs

Nach 1933 wurde diese bürgerkriegsähnliche Gewalt von rechts als notwendiger „Kampf“ verklärt. Die vom Osnabrücker Sturmbann II/78 organisierte Ausstellung „SA. im Kampf“ eröffnete Anfang April 1934 mit entsprechender Politprominenz in der Stadthalle. Sie sollte den „Kampf der SA. und der NSDAP. in Osnabrück“ veranschaulichen. Ziel der Ausstellung war es, „denjenigen, die sich früher nicht soviel mit der SA. beschäftigt haben, [zu] zeigen, daß es uns gar nicht so leicht gewesen ist, auch in Osnabrück zum Ziel zu kommen“. Zudem sollten die „Alten die Erinnerung an die Kampfjahre auffrischen“ können. Ferner sollte der SA „in dieser Ausstellung ein Denkmal gesetzt werden und die Erinnerung wachgerufen werden, wie wir in den Kampfjahren zusammenstehen mußten, um das zu erreichen, was jetzt ist.“

Sie zeigte Originalstücke der innenpolitischen Kämpfe der Weimarer Zeit, die beteiligte Nationalsozialist*innen zur Verfügung gestellt hatten: Plakate und Handzettel, Zeitungen, Fotos und Waffen etc. Die Schau war als Triumph über die besiegten Gegner von der SPD und der KPD, die derweil inhaftiert wurden oder in den Untergrund gegangen waren, stilisiert und sollte bewusst emotionalisieren: „Den alten Kämpfer erfüllt sicherlich Stolz und Freude, wenn er durch diese Ausstellung schreitet, weil er sich auf den alten Bildern aus schwerer Kampfzeit wiederfinden darf, weil er Flugblätter wiedererkennt, die auch er einmal unter schwerer Gefahr verteilt und angeklebt hat, weil er Kommunisten abgenommene Stahlruten, Totschläger, Messer, Schlagringe, Pistolen wiedersieht, die auf seinen Schädel in dieser dunklen Ecke oder in jenem finsteren Hauseingang einmal mörderisch und feige herabsausten, weil er nichts als Deutschland, weil er den Ruf nicht verstummen lassen wollte: Deutschland erwache …“

 

Zu dieser Serie
Es ist die Geschichte einer Stadt, doch was hier geschah, ereignete sich auch in vielen anderen deutschen Städten. Die Serie „Braune Relikte“ basiert auf der Sammlung Nationalsozialismus, die sich im Museumsquartier Osnabrück befindet. Anhand von Objektbiografien wird die Geschichte des Nationalsozialismus mit seinen Ursachen und Folgen veranschaulicht. So entsteht ein virtueller Lernraum, der die Fundstücke einer Diktatur analysiert, um Lernprozesse für demokratische Gesellschaften zu ermöglichen.