Kriegsvorbereitung

Braune Relikte (21): Farblithografie „Der Feind sieht Dein Licht! Verdunkeln!“.

Zu den Kriegsvorbereitungen ab 1933 gehörten die Maßnahmen, die zum Schutz der deutschen Zivilbevölkerung bei Luftangriffen angestoßen wurden. Die individuellen Kriegserfahrungen von Bombardements mit Todesangst, dem Verlust von eigener Wohnung und gewohnter Umgebung sowie geborgenen Verletzten und Toten haben sich tief in das Bewusstsein vieler Deutscher eingeprägt. Dabei wurde häufig verdrängt, dass die Angriffe eine unmittelbare Folge deutscher Aggression waren.

Die Planungen für einen erneuten Krieg erfolgten bereits kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme. Dazu gehörten die seit Mitte der 1930er Jahre einsetzenden Luftschutzmaßnahmen, die die Zivilbevölkerung auf einen bevorstehenden Konflikt einstimmten. Unter dem Motto „Front und Heimat“ versuchte die NS-Propaganda die Bevölkerung dazu zu motivieren, sich auf unterschiedliche Lagen einzustellen. Am 29. April 1933 wurde von Hermann Göring der Reichsluftschutzbund (RLB) gegründet. Zu seinen Aufgaben gehörte neben dem Bau von Luftschutzräumen und -bunkern auch die Abwehr von Gasangriffen. „Volksgasmasken“ gehörten daher in jeden Haushalt.

Der praktischen Kriegsvorbereitung diente im Juni 1936 die „Große Deutsche Luftschutzausstellung“ in der Osnabrücker Stadthalle. Der Besuch der von RLB und Reichsluftfahrtministerium organisierten und durch Gauleiter Röver (1889-1942) eröffneten Wanderausstellung war Pflicht: „Die Parole für einen jeden Osnabrücker und für jeden Fremden, der in den Mauern der Stadt weilt, […] lautet: Besucht die Große Deutsche Luftschutz=Ausstellung, denn der Luftschutz will einem jeden Volksgenossen helfen für den Augenblick einer immer möglichen Gefahr.“
Die Hinweise für die privaten Haushalte wurden durch Luftschutz-Merkblätter weiter konkretisiert: „Für die Familie“ (1937); „… für die Fliegeralarm- und Verdunkelungsübung in den Häusern“ (1938); „… über das Verhalten bei Kampfstoffgefahr“ (1940) usw.

Die aufwendige Propaganda unter dem Motto „Luftschutz tut Not“ bereitete die Bevölkerung auf den Ernstfall vor, der für die Osnabrücker*innen am 23. Juni 1940 mit dem ersten Luftangriff auf ihre Stadt eintrat. Für die Menschen bedeutete der Luftkrieg zunehmend ein Leben im Rhythmus der Vollalarme. Jeder Haushalt war verpflichtet, folgende Geräte für den Selbstschutz bereitzustellen: Eimer, Sandkisten oder Löschsandtüten, Schaufeln, Äxte, Einreißhaken, Feuerpatschen, eine Luftschutzhausapotheke und eine Handfeuerspritze. Ein Koffer mit den wichtigsten Papieren und Wertsachen stand immer griffbereit, wenn bei Alarm ein Bunker oder Luftschutzraum aufgesucht werden musste. Osnabrück lag im Planquadrat „GR 7“ der Übersichtskarte des Flugwachenkommandos. Bei Gefahr eines Luftangriffs auf Osnabrück wurde über den Rundfunksender „Primadonna“ Fliegeralarm für „Gustav Richard 7“ gemeldet. Die Zivilbevölkerung suchte dann sofort Schutz.

Bei den Luftangriffen auf Osnabrück sollen – wie sonst nur noch in Stuttgart – durchschnittlich weniger Tote zu beklagen gewesen sein als in anderen, ebenso schwer bombardierten Städten Deutschlands. Erklärt wird dies mit dem in Osnabrück wie in Stuttgart früh durchgeführten Luftschutz, der bereits ab 1935 verstärkt Bauten von Bunkern, Luftschutzräumen und Splittergräben vorsah. Im Gegensatz dazu war der Anteil der bei Luftangriffen umgekommenen ausländischen Gefangenen und Zwangsarbeiter in Osnabrück überdurchschnittlich hoch. Da sie nicht zur nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ zählten, hatten die zahlreichen Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge keinen Zutritt zu den Schutzräumen. Nur vereinzelt berichten Zeitzeugen von Ausnahmen.

 

Zu dieser Serie
Es ist die Geschichte einer Stadt, doch was hier geschah, ereignete sich auch in vielen anderen deutschen Städten. Die Serie „Braune Relikte“ basiert auf der Sammlung Nationalsozialismus, die sich im Museumsquartier Osnabrück befindet. Anhand von Objektbiografien wird die Geschichte des Nationalsozialismus mit seinen Ursachen und Folgen veranschaulicht. So entsteht ein virtueller Lernraum, der die Fundstücke einer Diktatur analysiert, um Lernprozesse für demokratische Gesellschaften zu ermöglichen.