Leben im Salon

Auf zwei CDs erklingt kein einziges seiner Werke und doch ist er in jedem Takt präsent: Wie nachhaltig Frédéric Chopin seine Schüler, Freunde und Verehrer inspirierte, zeigt Cyprien Katsaris in einer ebenso glanz- und stimmungsvollen Hommage an die große Zeit der Salonmusik.

Adolf Gutmann, Carl Filtsch, Karol Mikuli, Julian Fontana, Mathilde de Rothschild und Thomas Tellefsen entstammten unterschiedlichen Herkunftsländern, kulturellen Traditionen und sozialen Milieus. Doch die Verehrung für Frédéric Chopin und die feste Überzeugung, all ihre Empfindungswelten durch ein Klavier filtern und idealer Weise in einem Salon ausleben zu können, verband diese und andere Künstler quer durch Europa.

Als Herausgeber, Interpreten, Komponisten und Lehrer verbreiteten die musikalischen Nachlassverwalter nicht nur die stilbildenden Werke ihres Idols. Sie etablierten darüber hinaus langlebige kulturelle Standards, die das gesellschaftliche Leben bis hin zu persönlichen Geschmacksvorlieben beeinflussten.

Nur selten traten Chopins Jünger ein wenig aus dem Schatten ihres Meisters und wurden selbst als Autor wahrgenommen. So erlebte es Adolf Gutmann 1844 mit dem Nocturne in As-Dur. Das elegante Klavierstück ist – ebenso wie die 30 anderen Mazurkas, Walzer, Polonaisen, Barcarolen dieses Doppel-Albums – längst wieder mit der Hintergrundstrahlung seiner Entstehungszeit verschmolzen. Für Gutmann und seine Kolleginnen und Kollegen wäre das kein Grund zur Traurigkeit, denn ihre Arbeit war offenkundig nicht für die Ewigkeit gemacht, sondern Arbeit, Vergnügen und schlichtweg Teil ihrer künstlerischen und sozialen Gegenwart.

Dass sie sich über die späte Würdigung und vielleicht noch mehr über die einfühlsame, mal furiose, mal hauchzarte Interpretation des großartigen Cyprien Katsaris gefreut hätten, darf gleichwohl als wahrscheinlich gelten.

Chopin’s Epoque. Werke von Adolf Gutmann, Carl Filtsch, Karol Mikuli, Julian Fontana, Mathilde de Rothschild und Thomas Tellefsen, 2 CDs NIFC