Meinungsaustausch am Motorroller

Worüber sich der junge Mann und die ältere Dame hier unterhalten, wissen wir leider nicht. Dass die beiden einer Meinung sind, kann man sich allerdings kaum vorstellen.

Das Treffen der Generationen wurde im Mai 1961 auf dem Prinzipalmarkt in Münster festgehalten. Vor dem Einrichtungshaus Kösters sind zahlreiche Passanten zu sehen, vorne rechts findet ein mutmaßlich kontroverser Dialog statt. Während die Dame auf ein betont konservatives Äußeres inklusive rustikaler Handtasche und pflegeleichtem Kompotthut setzt, hat sich ihr Gesprächspartner in Lederjacke und Nietenhose gekleidet und sein Haar modisch nach hinten gekämmt.

Der junge Mann und seine – etwas ängstlich auf die burschikose Dame schauenden Freunde – gehören unverkennbar zu den „Halbstarken“, der ersten Jugendkultur in der noch jungen Bundesrepublik, die sich auch äußerlich von der Generation ihrer Eltern und Großeltern absetzen wollte.

Inspiriert von Rock ’n’ Roll-Musik, Filmen wie „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ (1955) und Schauspielern wie James Dean oder Marlon Brando sorgten sie bald auch im alten Europa für Aufsehen. Und fanden hier ebenfalls schnell den Weg auf die Leinwand, etwa in dem legendären Streifen „Die Halbstarken“ (1956) mit Horst Buchholz in der Hauptrolle.

In bürgerlichen Kreisen waren die unangepassten und mitunter aggressiv auftretenden Jugendlichen, die als „Rowdys“ und „Krawallmacher“ galten, nicht gern gesehen. Zumal viele von ihnen der Arbeiterklasse entstammten.

Ein Großformat der Fotografie kann ab dem 28. Mai 2021 auch im Schaufenster des Stadtmuseums Münster betrachtet werden.