Neugierige Hofmusiker

Dass König Friedrich II. Berlin zu einer der ersten Adressen im europäischen Musikleben machte, kann kaum ernsthaft bestritten werden. Doch Neuerungen gegenüber war der Monarch nicht besonders aufgeschlossen. Komponisten suchten deshalb Ausdrucksfelder abseits des Hofes – und fand erstaunlich viele.

Bernhard Schrammek skizziert im Booklet den Facettenreichtum der Berliner Musikkultur, die den ewigen Lieblingsstücken des preußischen Monarchen Experimentierfreudiges entgegensetzte. Dabei bildete sich keine fundamentale Opposition, denn sowohl Carl Philipp Emmanuel Bach als auch Christoph Schaffrath oder Johann Gottlieb Janitsch waren Mitglieder in den Hofkapellen des Kronprinzen bzw. des späteren Regenten. Trotzdem ließen die Komponisten ihrer Neugier freien Lauf. Sie testeten in Konzerten, Salonmusiken oder den „Freitagsakademien“, die Janitsch in seiner Privatwohnung veranstaltete, ungewöhnliche Formate, Besetzungen, Klangfarben und Tonarten.

Wie produktiv und vielschichtig das Musikleben außerhalb des friderizianischen Einflussbereiches sein konnte, demonstriert die Barockoboistin Xenia Löffler nun mit einem ebenso stilsicheren wie hellwachen Kammerensemble. Auf dem Programm stehen Oboensonaten für verschiedene Besetzungen, Schaffraths Quartett für zwei Oboen, Violine und Basso continuo sowie Wilhelm Friedemann Bachs „Siciliano“ für Oboe, Fagott und Basso continuo aus der Sinfonie A-Dur Fk 70.

Zwei, drei Interludien ohne Oboe hätte dem Gesamteindruck zwar nicht geschadet und obendrein das Faible für Unvorhersehbares gespiegelt, dass die Berliner Komponisten offensichtlich gemeinsam hatten. Doch auch in dieser „oboenlastigen“ Zusammenstellung erwartet die Hörerinnen und Hörer eine gute Stunde hochvirtuoser, versonnener, witziger, phantasievoller und am Ende durchaus abwechslungsreicher Musik. Kaum zu glauben, dass sie dem Alten Fritz nicht gefallen hätte …

Xenia Löffler: The Oboe in Berlin, Accent