Nick Cave und ein Flügel

Es dürfte eine der außergewöhnlichsten Auftritte in der an speziellen Performances wahrlich nicht armen Corona-Zeit gewesen sein. Im Juni 2020 wählte das australische Multitalent Nick Cave den Alexandra Palace in London zum Schauplatz eines ebenso spartanischen wie meditativen Konzerts. ARTE zeigt „The Idiot Prayer“ als TV-Erstausstrahlung und in seinem Online-Angebot.

Das Format diktierte die Pandemie, doch Nick Cave verwandelte die fast leere Bühne vor dem leeren Zuschauerraum in ein künstlerisches Biotop. Am Ende braucht Cave eben nur sich selbst – und ein Klavier. Schon die chaotischen Notizen, die sich auf und unter dem Instrument ausbreiten, Lampe und Mikrofon wirken unter diesen Umständen wie ein überflüssiges Bühnenbild.

Im Laufe der verschlungenen Pfade, die Cave hier abschreitet – mal melancholisch, mal trotzig, dazu mystisch, bibelfest, pathetisch und süffisant, banal, tiefsinnig und immer hoffnungsfroh, düstere Zeiten wie diese überwinden zu können – drängt sich der Eindruck auf, dass er selbst seine Songs noch nie so gehört, gespielt und gesungen hat. Dabei präsentiert „The Idiot Prayer“ echte Klassiker wie „Into My Arms“, „The Mercy Seat“, „Stranger Than Kindness“ oder „Girl in Amber“, aber auch Songs von „Ghosteen“, dem neuesten Album von Nick Cave & The Bad Seeds.

Optisch kommt der Konzertmitschnitt übrigens nicht so karg daher, wie die minimalistische Performance vermuten lassen würde. Robbie Ryan (Kamera), Nick Emerson (Schnitt) und Dom Monks (Ton) sorgen dafür, dass Susie Cave die wenigen Dinge, die es zu sehen gibt, ästhetisch in Szene setzen kann.

Die Erstausstrahlung von „Nick Cave – The Idiot Prayer at Alexandra Palace“ läuft auf ARTE am 7. August 2021 um 01.25 Uhr. Der Mitschnitt ist aber bereits (und noch bis zum 4. November 2021) im Online-Angebot des Senders zu sehen.