Picknick unter Baumriesen

Der Botanische Garten Loismann ist nicht leicht zu finden und vielleicht hat die versteckte Lage dazu beigetragen, dass sich die 1,5 Hektar große Fläche in mehr als 100 Jahren zu einem verwunschenen, botanischen Kleinod entwickeln konnte. Seine Entstehung verdankte dieses sehenswerte Zeugnis historischer Gartenkultur einer Großbaustelle, die ein leidenschaftlicher Pflanzensammler optimal zu nutzen wusste.

Der beim Bau des Dortmund-Ems-Kanals (1894-95) anfallende Bodenaushub landete direkt vor dem Hof der Familie Loismann. 1898 begann der Landwirt mit der Bepflanzung der Halde – und schon bald war er nicht mehr zu bremsen. Kosten stellten keinen Hinderungsgrund dar. So ließ er zur besseren Wasserversorgung der Anlage eine fast 1,5 Kilometer lange Wasserleitung vom Teutoburger Wald bis zu seinem Hof verlegen.

Seiner Sammelleidenschaft sowohl für einheimische als auch exotische Gehölze verdankt der Garten das heutige, ganz persönliche Erscheinungsbild. Der Garten hat in den über 100 Jahren seines Bestehens Patina angesetzt, er ist gewachsen, die Pflanzen haben sich zusammengerauft.

Blick in den Garten, in dem rund 300 verschiedene Pflanzenarten wachsen

Die schmalen Wege sind zum Teil mit Gras bewachsen und schlängeln sich wie Wildtierwechsel durch das Gelände. Der Schall der eigenen Schritte wird durch den Untergrund perfekt geschluckt – die Ohren öffnen sich dem Rauschen der Blätter und dem Gesang der zahlreichen Vögel. Unter den Baumriesen breiten sich an vielen Stellen heimische Pflanzen wie Maiblumen, Goldnessel, Maiglöckchen, Erdbeeren und Salomonsiegel aus. Heimische Vegetation und Exoten wachsen hier in Harmonie vereint.

Bäume umarmen und himmelwärts schauen!

Auch wenn an fast allen Pflanzen entsprechende Schilder auf Namen und Herkunft hinweisen, geht es um mehr als das bloße Studieren botanischer Exoten. Mit Ohren (Vogelgesang, Blätterrauschen), Nase (duftende Blüten) und Augen (bizarre Blattformen, Blüten, Rinde usw.) lässt sich hier in die wunderbare Welt der Pflanzen eintauchen. So wirkt es auch überhaupt nicht irritierend, wenn Besucher einfach „nur“ mal einzelne Bäume umarmen und alles andere drum herum zu vergessen scheinen.

Große Küstentanne

Neben einigen beeindruckenden Laubbaumriesen wie einem Tulpenbaum, einem Taschentuchbaum, einer sommerblühenden Honoki Magnolie, einem Götterbaum und einer gewaltigen Esskastanie prägen vor allem Nadelbäume den Garten. Insbesondere Vertreter Nordamerikas sowie Asiens hatten es dem Gartenbegründer wohl angetan. Davon zeugen die heutigen Riesen im Garten: Große Küstentanne, Himalaya-Tanne, Mammutbaum und andere Nadelgehölzarten.
Ein absolutes Muss: den Blick himmel- bzw. kronenwärts richten und durch die verschieden geformten und gefärbten Baumkronen schweifen lassen!

Die gleiche Vielfalt ist beim Betrachten und Befühlen der unterschiedlichen Rinden der Baumstämme zu erleben: weich, geriffelt, glatt, zerfurcht, braun, zimtfarben, rötlich, grau, stachelbewehrt. Der Stammfuß eines Mammutbaums erinnert gar an Elefantenfüße.

Mammutbaum

Die an vielen Stellen eingestreuten Rasenflächen sowie Rastmöglichkeiten (z.B. Bänke) laden sowohl zum Picknick als auch zur Meditation ein. Und so ganz „nebenbei“ staunt der Besucher über eine botanische Vielfalt, die in der Mehrzahl unserer Gärten nahezu unbekannt ist. Ein botanischer Garten, der seine Besucher über alle Sinne anspricht und nicht als steriler Schau- und Lehrgarten daherkommt.

Veranstaltungshinweis: Über 100 private Gärten und etwa 40 öffentliche Anlagen öffnen anlässlich des 9. Tags der Gärten und Parks in Westfalen-Lippe vom 12.-13. Juni 2021 ihre Gartenpforten. Unter dem Motto „Lebendige Gärten“ stehen mehr als 80 Veranstaltungen auf dem Programm. Darunter auch die Möglichkeit zu einem Picknick unter den beeindruckenden Baumriesen des Botanischen Garten Loismann im Ibbenbürener Stadtteil Dörenthe.

Auf den Seiten des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe gibt es weitere Infos zur Lage und zu Geodaten des Parks.