Das monumentale Oratorium „Quo vadis” (1903) machte Feliks Nowowiejski berühmt, begründete in unserem Jahrhundert aber auch das wiederwachte Interesse an dem polnischen Komponisten. Die zwei Jahre früher entstandene „Heimkehr des verlorenen Sohnes“ lässt ebenfalls aufhorchen.
Der 1877 im Ermland geborene Nowowiejski war ein Grenzgänger zwischen Deutschland und Polen, der in beiden Ländern große Erfolge feierte, aber auch immer wieder in politische Konflikte verwickelt wurde – bis hin zum Bruch mit seinem Lehrer Max Bruch, der nach dem Ersten Weltkrieg zum Boykott seiner Werke aufrief. Nachdem Nowowiejski 1946 in Poznań gestorben war, wurde er östlich der Oder-Neiße-Linie verehrt und westlich von ihr gründlich vergessen.
Heute haben sich viele Vorbehalte überlebt und auch wenn Nowowiejskis pathetische Aufschwünge nicht jedermanns Sache sein mögen, machen ihn seine melodische Erfindungsgabe, seine handwerkliche Perfektion und technische Raffinesse, die sich über praktisch alle großformatigen Gattungen erstrecken, zu einem der bedeutenden Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts.
„Die Heimkehr des verlorenen Sohnes“ gibt sich nicht ganz so wuchtig wie „Quo vadis“, trägt aber ebenfalls keine Scheu, die literarische Vorlage den exzessiven musikalischen Bedürfnissen anzupassen. So verzichtet Librettist Theobald Rehbaum auf den – im Lukasevangelium mit einer wichtigen Rolle betrauten – Bruder des verlorenen Sohnes und stellt ihm stattdessen die (dort nicht erwähnte) Mutter zur Seite. Sie wird nach der einleitenden Ouvertüre und einer Tenor-Arie im dritten Teil Partnerin eines schillernden spätromantischen Opern-Duetts. Im vierten und letzten Part steigert Nowowiejski die Zwiesprache zu einem hymnischen Trio. Ihm folgen monumentale Chorszenen, die in einer achtstimmigen Doppelfuge gipfeln.
Zugegeben, das meditative Element geht hier ein wenig in der Demonstration musikalischer und technischer Fertigkeiten unter. Spaß macht die gewaltige Klangkulisse trotzdem, zumal sie vom Choir of the Karol Szymanowski Philharmonic in Krakow (Einstudierung: Piotr Piwko) und dem Feliks Nowowiejski Warmia and Masuria Philharmonic Orchestra in Olsztyn unter Piotr Sulkowski mit Sinn für das große Ganze und viel Liebe zum Detail ausgebreitet wird. Den stimmgewaltigen Solisten Agnieszka Rehlis (Mutter), Arnold Rutkowski (Sohn) und Łukasz Konieczny (Vater) bleibt so genug Raum, um sich ihrerseits zu entfalten.
Feliks Nowowiejski: Die Heimkehr des verlorenen Sohnes, DUX