Er war Arzt, Theologe, Musiker, Pazifist, Philosoph – und alles in allem einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts. Im Oktober 1959 wurde Albert Schweitzer die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität verliehen.
Schweitzer war zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, dem Friedensnobelpreis, dem Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste und vielen anderen Ehrungen ausgezeichnet worden.
Die Ehrendoktorwürde hatte trotzdem einen besonderen Stellenwert. „Ich bin tief beglückt von dem, was ich in diesem Raum erleben durfte“, notierte er im Goldenen Buch der Stadt.
Albert Schweitzer, der anlässlich seines Besuchs in Münster auch Neubauten der Uni-Kinderklinik einweihte, starb 1965. Sechs Jahre später erhielt sein ehemaliger Mitarbeiter Hermann Mai (1902-2001), der Schweitzers Auszeichnung vorgeschlagen hatte, ebenfalls die Ehrendoktorwürde.
Was zu diesem Zeitpunkt die Wenigsten wussten oder auch nur ahnten: Mai war während des Dritten Reiches nicht nur ein überzeugter Nationalsozialist, sondern auch Mitglied der SS gewesen und als Beisitzer am Erbgesundheitsgericht München tätig. Der Historiker Sascha Topp konnte 2016 nachweisen, dass Mai an Urteilen zur Zwangssterilisation von mindestens 12 Frauen und Männern beteiligt war.
Die vormalige „Hermann-Mai-Stiftung“ wurde daraufhin in „Stiftung für internationale Kindergesundheit der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin“ umbenannt. In der Reihe der Ehrendoktorwürden der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität (➤ Link) wird Mai dagegen weiter geführt.