Lange Jahre wurde er als Nachfolger von Konrad Adenauer gehandelt, doch am Ende folgte er ihm nur im Amt des Außenministers, das der machtbewusste Kanzler vier Jahre lang in Personalunion ausgefüllt hatte. Gleichwohl gehörte Heinrich von Brentano zu den prägenden Persönlichkeiten der frühen Bundesrepublik.
1904 in Offenbach geboren, entstammte Brentano einem uralten lombardischen Adelsgeschlecht, aus dem zahlreiche Künstler, Politiker und Diplomaten hervorgingen. Auch er selbst galt als kunstsinniger Intellektueller, der das Feuilleton vor dem Politikteil studierte und trotz fester Grundüberzeugungen nie den vermeintlich leichtesten Weg wählte.
Nach den juristischen Staatsexamina promovierte er 1930 in Gießen zum Dr. jur. und arbeitete später als Rechtsanwalt und Notar, ehe er einer Dienstverpflichtung als Staatsanwalt in Hanau nachkam. Aus der Distanz zum Nationalsozialismus wurde nach 1945 ein klares Bekenntnis zur Demokratie und der Verfassung des neuen deutsches Staates, an deren Entwicklung er im Parlamentarischen Rat mitarbeitete.
1949 wurde Heinrich von Brentano in den Bundestag gewählt und Vorsitzer der CDU/CSU-Fraktion, eher er 1955 ins Außenministerium wechselte. Nach seinem Rücktritt im Jahr 1961 übernahm er wieder den Fraktionsvorsitz, den er bis zu seinem frühen Tod am 14. November 1964 innehatte.
Der leidenschaftliche Europäer, für den die deutsche Einheit immer ein zentrales Ziel blieb, war loyal, aber kein Parteisoldat. Brentano stritt mit Adenauer über die Westbindung eines wiedervereinigten Deutschlands und ließ Finanzminister Fritz Schäffer „in höchstem Maße bestürzt“ zurück, als er 1956 empfahl, über eine umfangreichere Wiedergutmachung für NS-Verbrechen nachzudenken. Der Außenminister war andererseits eine treibende Kraft hinter der sogenannten Hallstein-Doktrin, in der diplomatische Beziehungen zu Ost-Berlin grundsätzlich als unfreundlicher Akt betrachtet wurden.
Dass über die Privatperson kaum etwas bekannt wurde, hing wohl mit den Gerüchten über Brentanos vermeintliche Homosexualität zusammen, die seine Karriere schnell hätten beenden und in Zeiten des Paragraphen 175 StGB sogar strafrechtliche Folgen nach sich ziehen können. Die Öffentlichkeit erfuhr nie etwas über etwaige Beziehungen – Brentanos religiöse Überzeugungen waren dagegen kein Geheimnis.
Der tiefgläubige Katholik reiste oft nach Rom, tauschte sich mehrfach mit dem später (und bis heute) umstrittenen Papst Pius XII. aus und auch das hier vorgestellte Schriftzeichen hat mit seiner Kirche zu tun. Am 17. Juni 1960 nahm Heinrich von Brentano an einem Treffen katholischer Publizisten aus Deutschland und Frankreich teil und trug sich bei dieser Gelegenheit in das Goldene Buch der Stadt Münster ein.