Konrad Adenauer war gerne Bundeskanzler und begeisterter Europäer, leidenschaftlicher Verfechter der sozialen Marktwirtschaft und strammer Antikommunist, überzeugter Katholik und Befürworter der Wiederbewaffnung und sicher noch einiges mehr. Dass Adenauer die ersten anderthalb Jahrzehnte der Bundesrepublik Deutschland wie kaum ein anderer prägte, bestreiten selbst seine zahlreichen Kritiker nicht. Vor allem aber formte er die CDU, für die er 1949 die Kanzlerschaft errang und drei weitere Bundestagswahlen gewinnen konnte.
Die Ergebnisse muten aus heutiger Sicht geradezu phantastisch an. 1953 kam die Union auf 45,2%, vier Jahre später fuhr sie mit der sprichwörtlich gewordenen Kampagne „Keine Experimente!“ das Rekordergebnis von 50,2% ein und 1961 waren es immerhin noch 45,3%.
Adenauer war auch im stolzen Alter von 87 Jahren noch ein gefragter, weil gewiefter und nimmermüder Wahlkämpfer. Am frühen Abend des 14. Mai 1963 traf seine Delegation im niedersächsischen Osnabrück ein. Der Kanzler hatte an diesem Tag bereits in Uelzen und Celle Station gemacht und speiste zunächst im Hotel Hohenzollern. „Im kleinsten Kreis“, wie das Protokoll vermerkt. Dazu gehörten unter anderem Bischof Helmut Herrmann Wittler, Landessuperintendent Kurt Degener und die CDU-Kandidaten, die am 26. Mai zur niedersächsischen Landtagswahl antreten sollten.
Um 19.50 Uhr trug sich der Bundeskanzler dann in das Goldene Buch der Stadt ein. Ohne Doktortitel und auch ohne Vornamen. Ein schlichtes „Adenauer“ musste reichen, denn um 20.00 Uhr begann bereits die Wahlkampfveranstaltung, auf der er um Stimmen für die CDU warb. Zwei Stunden später saß Konrad Adenauer wieder im Auto und traf erst nach Mitternacht im heimischen Rhöndorf ein.