Schriftzeichen: Roland Freisler

Er war ein Jurist, der jedes Gerechtigkeitsempfinden pervertierte und den Gerichtssaal zum Schauplatz beispielloser Demütigungen machte. Trotzdem entschieden sich die Verantwortlichen der Stadt Osnabrück nach 1945, den Eintrag von Roland Freisler nicht aus ihrem Goldenen Buch zu entfernen. Die Unterschrift sollte an die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus mahnen.

Roland Freislers Prozesse verdienten diese Bezeichnung kaum, denn das Urteil stand in vielen Fällen schon vor Beginn der Verhandlung fest. In seiner gut zweieinhalbjährigen Amtszeit als Präsident des Volksgerichtshofs wurden mehr als 5.000 Todesurteile gefällt, etwa die Hälfte durch den ersten Senat, dem Freisler persönlich vorstand. Der fanatische Nationalsozialist, der die Angeklagten mit hämischen Kommentaren und lautstarken Beschimpfungen demütigte, verurteilte neben den Mitgliedern der „Weißen Rose“ oder den Attentätern des 20. Juli 1944 auch Elfriede Scholz.

Stolperstein für Elfriede Maria Scholz in Dresden

Die Schwester des weltberühmten, im Dritten Reich geächteten Schriftstellers Erich Maria Remarque wurde 1903 in Osnabrück geboren. Wie ihr Bruder war sie eine entschiedene Gegnerin der NS-Diktatur. Als die Damenschneiderin einer Kundin gegenüber prophezeite, dass der Krieg verloren sei, wurde sie wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ verhaftet und unter dem Vorsitz von Roland Freisler wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt. „Ihr Bruder ist uns entwischt, Sie werden uns nicht entwischen“, soll der Richter während der Verhandlung ausgerufen haben.

Elfriede Scholz wurde am 16. Dezember 1943 in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil enthauptet. Erich Maria Remarque, der im Exil keinen Kontakt zu seiner Schwester hatte, erfuhr erst Jahre später von ihrem Tod.

Zehn Jahre vor ihrer Ermordung hatte Roland Freisler die Geburtsstadt von Elfriede Scholz besucht. Der spätere Präsident des Volksgerichtshofs war damals noch Staatssekretär im Preußischen Justizministerium und in Begleitung von Minister Hanns Kerrl in die Hasestadt gekommen, um die Landgerichtsbezirke zu inspizieren. Sein Eintrag in das Goldene Buch datiert vom 20. September 1933.