Der Juni 2023 hat vielerorts einmal mehr gezeigt, dass sich die Folgen des Klimawandels weder ignorieren noch wegdiskutieren lassen. Tatenlos abzuwarten, was die nächsten Jahrzehnte bringen, hat augenscheinlich auch wenig Sinn. Vor allem in dicht bebauten Kommunen macht sich der Temperaturanstieg immer deutlicher bemerkbar.
Zeitgleich steigt die Gefahr von Starkregen und Hochwasser – auf Bedrohungsszenarien müssen sich nicht nur bereits existierende Städte und Gemeinden und ihre Wohnbereiche, sondern auch die Siedlungsgebiete der Zukunft einstellen. „Das Konzept der wasserbewussten Stadt – der sogenannten Schwammstadt – muss Leitbild für die Stadtplanung werden“, meint deshalb Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Die Idee der Schwammstadt sieht vor, dass Grünflächen (auch solche an Fassaden, auf Dächern und in Straßen) bei starken Niederschlägen Wasser aufnehmen können, um die Überflutung bebauter Gebiete zu verhindern – und es dann auch wieder abgeben, um für Bewässerung und Kühlung zu sorgen. Auch wasserdurchlässige Oberflächen und unterirdische Auffangbehälter oder Brunnen können helfen, dieses Ziel zu erreichen.
Die sogenannte Flächenversiegelung steht dem Leitbild aber seit langem im Weg. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz werden allein in Deutschland Tag für Tag rund 55 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Umgerechnet entspricht die Flächenneuinanspruchnahme etwa 78 Fußballfeldern. Wenn es nicht gelingt, diese Entwicklung abzuschwächen und umzukehren, werden die Kosten durch Extremwetterereignisse, die der Gesamtverband der Versicherer (GDV) für Deutschland im Jahr 2021 auf 12,5 Milliarden Euro bezifferte, unaufhaltsam weiter steigen.
Prof. Uli Paetzel, Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), empfiehlt deshalb dringend, Überlegungen für eine wasserbewusste Stadt bereits in der kommunalen Planungspraxis zu berücksichtigen. Schon bei der Idee zu Bauprojekten sei „eine institutionalisierte Phase Null“ notwendig, in der verschiedene Sparten inklusive Wasser- und Grünplanung koordiniert werden könnten – inklusive entsprechender Regeln, Leitbilder und Vorgaben durch das Planungs- und Baurecht. „Dann spielen in der Stadtplanung Gemeinwohlorientierung und Lebensqualität eine viel größere Rolle“, meint Paetzel.
Praktische Beispiel gibt es bereits. Etwa in München, wo seit 1995 bei jedem Bauantrag Freiflächen zu beachten sind, in Antwerpen, wo selbst eng bebaute Quartiere entsiegelt wurden, oder in Wien und Magdeburg, wo das Hundertwasserhaus und die Grüne Zitadelle von einem neuen städtebaulichen Konzept zeugen.
Weitere Informationen zum Thema lieferte vor kurzem der Parlamentarische Abend von DBU und DWA in Berlin. Der Mitschnitt der Veranstaltung „Wasserwirtschaft und Stadtentwicklung im Dialog: Auf dem Weg zur klimaresilienten Stadt“ findet sich ➤ HIER.