Schwierig und schön

Wenn er keinen herausragenden Solisten zur Verfügung hatte, verzichtete Louis Spohr auf die Komposition von Solokonzerten. Im Fall der Klarinette aber konnte er mit Johann Simon Hermstedt (1778-1846) auf einen der größten Virtuosen seiner Zeit setzen. Spohrs vier Konzerte und drei weitere Bravourstücke für Klarinette und Orchester sind nun erstmals auf einem Doppel-Album versammelt.

Gleich das erste Konzert in c-moll, das Spohr Anfang 1809 komponierte, hätte längst verdient, in den Rang eines Repertoirestücks aufzusteigen. Zwar monierte der selbstkritische Schöpfer rückblickend seine noch unzureichende Kenntnis des anspruchsvollen Instruments. Gleichwohl gelang Spohr ein höchst einfallsreiches, formal innovatives und für den Solisten überaus dankbares Werk, dessen vertrackter Eingangssatz wohl auch Hermstedt an seine Grenzen brachte.

Ohne ihn jedoch zu entmutigen, denn der gefeierte Solist spielte das Konzert in den folgenden Jahren noch mehrfach. Ebenso wie das 2. in Es-Dur und das 3. in f-moll mit seinem schmelzenden Adagio. Letztgenanntes erschien der „Zeitung für die elegante Welt“ im Jahr 1821 „schwierig und schön“ – und alles in allem genau so, „wie man es von dem Meister Spohr schon gewohnt ist.“ Beide Adjektive sind gut gewählt, denn der sehr spezifische Spohrsche Wohlklang, der eine undurchlässige Fassade zur Schau trägt und fast demonstrativ auf Ohrwurmqualitäten verzichtet, prägt auch sein Oeuvre für Klarinette und Orchester.

Spröde sind diese Konzerte – vielleicht abgesehen vom wenig inspirierten 4. in e-moll, das aber immer noch mit einem feurigen „Rondo al espagnol“ aufwartet – deshalb noch lange nicht. Der finnische Ausnahmeklarinettist Christoffer Sundqvist, dem Simon Gaudenz am Pult der NDR Radiophilharmonie ein begeisterter und stets verlässlicher Partner ist, absolviert hier einen echten Parforceritt, der höchste Ansprüche an Stilbewusstsein, Virtuosität und Timing stellt.

Zumal all das, was für die Solokonzerte gilt, sich auch in den kleinformatigen Stücken bemerkbar macht, bei denen Johann Simon Hermstedt ebenfalls Pate stand. Die Variationen über ein Thema aus Spohrs eigener, 1808 entstandener Oper „Alruna“, das Potpourri über Themen aus Peter von Winters Oper „Das unterbrochene Opferfest“ und die wundervolle Fantasie nebst Variationen über ein Thema von Franz Danzi für Klarinette und Streichquartett sind musikalische Kleinodien von besonderer Qualität, Schwierigkeit und Schönheit.

Louis Spohr: Sämtliche Werke für Klarinette & Orchester, 2 CDs, cpo