Er war Professor für elementare Mathematik und begeisterte die photooptische Fachwelt mit wissenschaftlichen Untersuchungen über Linsensysteme. Doch Hans Sommers wahre Leidenschaft gehörte der Musik. Sechs Jahre nach der Wiederentdeckung seiner Oper „Rübezahl und der Sackpfeifer von Neiße“ durch das Theater Altenburg Gera stellt ein neues Album Weltersteinspielungen von Sommers Orchesterliedern vor.
Der früheste Versuch in dem seinerzeit noch kaum bekannten Genre datiert aus dem Jahr 1860. Hans Sommer steht damals am Beginn seiner wissenschaftlich-technischen Karriere, die Vertonung von Heinrich Heines Gedicht „Nachts in der Kajüte“ zeigt ihn tatendurstig und zupackend, aber auch noch unsicher, wohin dieser Weg ihn führen könnte.
Doch das ändert sich schnell – unter dem Einfluss seines Lehrers Franz Liszt, der Freunde Richard Wagner und Richard Strauss und des lebenslang verehrten Robert Schumann. Hans Sommer komponiert spätromantische Klanglandschaften, nicht selten zunächst eine Version mit Klavierbegleitung und erst Jahre oder Jahrzehnte später die Orchesterfassung.
Die menschliche Stimme gibt immer die Richtung vor, allein ist sie freilich nie. Denn das mal üppige, mal fein ziselierte Instrumentarium begleitet, kommentiert und widerspricht, färbt ein, treibt an und federt ab, streut Licht und Schatten und entwirft für jedes Lied eine unverwechselbare, eindringliche Atmosphäre.
Als Höhepunkte des Albums, das mit 21 Weltersteinspielungen aufwartet, dürfen sicher die suggestiven Goethe-Vertonungen der Jahre 1919-21 und die 2020 neu edierten Lieder aus Hans Sommers Erfolgsoper „Lorelei“ (1889) gelten. Beim Solistenquartett Mojca Erdmann, Anke Vondung, Mauro Peter und Benjamin Appl sowie dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der nuancenreichen Leitung von Guillermo García Calvo sind diese Wiederentdeckungen bestens aufgehoben. Für Repertoirewert und Klangqualität gibt es weitere Bestnoten.
Hans Sommer: Orchesterlieder, Pentatone