Symphonische Bergtour

Er ließ sich von der heimatlichen Volksmusik inspirieren wie nur wenige seiner komponierenden Landsleute, doch selbst in Norwegen ist der Name Ole Hjellemo (1873-1938) immer mehr in Vergessenheit geraten. Zweifellos ein Verlust, wie die stimmungsvolle Weltersteinspielung seiner 2. Symphonie und zweier Werke für Violine und Orchester beweist.

Nachdem die Kritiker für seinen symphonischen Erstling (1912) nur Hohn und Spott übrighatten, ließ Ole Hjellemo 14 Jahre ins Land ziehen, ehe er der Öffentlichkeit einen weiteren Versuch präsentierte. Selbstzweifel kamen als Grund für die lange Pause aber nicht in Betracht, denn das neue Werk in h-moll war noch größer besetzt, umfangreicher und ambitionierter als sein Vorgänger.

Inspiriert wurde das Werk von einer Wanderung durch die norwegischen Berge. Entsprechend kann der voluminöse Eingangssatz als Aufstieg in ein überwältigendes Panorama und das Finale als Rückkehr in beschaulichere Gefilde gelesen werden. Das „Andantino“ schildert den Sonnenaufgang durch den schwächer werdenden Nebel, während das „Allegro con spiritio“ Anflüge von Übermut durch eine weitere Hymne an die Schönheit der Natur bändigt.

Für dieses Werk braucht es freilich nicht zwingend ein Programmheft. Hjellemo entwickelt das musikalische Material organisch und beweist durchaus ein Gespür für Proportionen und dramatische Effekte. Umso rätselhafter erscheint der Umstand, dass die Symphonie nach der erfolgreichen ersten Darbietung im Jahr 1926 nie wieder aufgeführt wurde – bis zur jetzt vorliegenden, sehr passionierten Weltersteinspielung durch das Makris Symphony Orchestra unter der umsichtigen Leitung von Jørn Fossheim.

Dass die einschmeichelnden Themen, antreibenden Rhythmen und glitzernden Klangfarben im südlicheren Europa der 1920er Jahre nicht mehr allerorten state of the art waren, ist – auch angesichts von Nach- und Spätromantikern, die deutlich mehr Beachtung fanden – sicher keine hinreichende Erklärung. Vielleicht braucht die Musik von Ole Hjellemo nur einige neue Chancen in Form von Aufführungen und Einspielungen. Das Makris Symphony Orchestra und Jørn Fossheim widmen sich mit dem Geiger Christopher Tun Andersen denn auch zwei kleineren Werken des Norwegers.

Das nur 18-minütige Violinkonzert (1933), das den Solisten vor einige technische und interpretatorische Herausforderungen stellt, wirkt im Ganzen etwas unausgewogen, lässt aber insbesondere im mysteriösen zweiten Satz „Andante – attacca“ aufhorchen. Die „Norwegische Caprice“ (1935), die auf dem traditionellen Volkstanz Halling aufbaut, gefällt dagegen als hübsches, temporeiches Bravourstück, das auch mit lyrischen Passagen aufwartet.

Ole Hjellemo: Symphonie Nr.2 h-moll, Violinkonzert, Norwegische Caprice für Violine & Orchester, Sterling