Sein Name ist selbst in Expertenkreisen kaum ein Begriff und doch zählte Paul Büttner zu den bemerkenswertesten Symphonikern des frühen 20. Jahrhunderts. Zwischen Spätromantik und Moderne fand er zu einem unverwechselbaren Personalstil, dem ein schmales, aber höchst faszinierendes Oeuvre zu verdanken ist.
Es klang nicht wie Mahler, Strauss oder Reger, nicht im entferntesten wie Strawinsky oder Bartok, auch nicht wie Skriabin, Schreker oder Rachmaninoff und schon längst nicht mehr wie Brahms oder Bruckner. Die Musik von Paul Büttner schlug ein ganz neues Kapitel auf, obwohl der musikhistorische Rahmen, die Formensprache und das Instrumentarium als solches bekannt waren. Doch der 1870 in Dresden geborene und ebendort 1943 verstorbene Komponist, der sich vor allem als Chorleiter und Musikkritiker der „Dresdner Volkszeitung“ einen Namen machte, füllte das harmonische und melodische Erbe der Romantik mit neuem Leben und entwickelte in der orchestralen Evolution eine Dynamik und Strahlkraft, der man sich auch heute nicht entziehen kann.
Besonders deutlich wird das in seiner 2. Symphonie, die 1916, 14 Jahre nach ihrer Entstehung, in Dresden uraufgeführt wurde. Sie gilt als die hellste und freundlichste der vier Büttner-Symphonien, was freilich nicht ausschließt, dass ihr eine bis ins kleinste Detail ausgetüftelte Struktur zugrunde liegt. Durch immer neue melodische Einfälle, spannungsgeladene Rhythmen, raffinierte Solo- und leuchtende Tutti-Passagen steigert sich die Symphonie in ein Finale hinein, dessen Begeisterung sich mühelos auf die Hörer überträgt. Viele von ihnen dürften überdies verwundert sein, dass seit dem Auftakt schon 35 Minuten vergangen und einfach so in Büttners Zauberkasten verschwunden sind.
Zwei weitere Werke beanspruchen zusammengenommen noch einmal so viel Zeit und Aufmerksamkeit. Die opulente, überaus klangmagische „Heroische Ouvertüre“ komponierte Paul Büttner Mitte der 1920er Jahre – kurz nach dem schon in formaler Hinsicht interessanten Dreiklang „Präludium, Fuge und Epilog“, dem die Beschreibung „Eine Vision“ angehängt ist. Auch in diesem Werk überzeugt Büttner als brillanter, phantasievoller Instrumentator, dem es gelingt, sich auf höchstem geistigen und ästhetischen Niveau unmittelbar verständlich zu machen.
Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt hat hörbar Freude an der ebenso seltenen wie anspruchsvollen Aufgabe und gestaltet die Einspielung unter der energiegeladenen Leitung von Jörg-Peter Weigle zu einem nachhaltigen Erlebnis. Der lesenswerte, sehr instruktive Begleittext von Christoph Schlüren ordnet Büttners Werk musikgeschichtlich ein und zeichnet die wichtigsten biographischen Ereignisse bis zum Verbot seiner Kompositionen und der Verfolgung seiner jüdischen, für die SPD im sächsischen Reichstag tätigen Frau während des Dritten Reiches nach. Eine umfangreiche Würdigung von Leben und Werk steht gleichwohl noch aus – wie auch die andauernde Wiederentdeckung, Aufführung und Einspielung seiner Symphonien, Orchesterstücke, Vokal- und Kammermusiken, die mitunter noch nicht einmal gedruckt wurden.
Paul Büttner: Symphonie Nr.2 G-Dur; Heroische Ouvertüre C-Dur; Präludium, Fuge und Epilog „Eine Vision“, cpo