Die Einspielung von Vivaldi-Werken mit obligater Orgel hätte wohl schon gereicht, um Publikum und Fachwelt aufhorchen zu lassen. Der Organist Giulio de Nardo stellt die wenig bekannten Stücke nun überdies in brillanter Darbietung und einer geradezu luxuriösen Dokumentation vor.
Verdient schon die optische Gestaltung der CD-Box das Prädikat aufwändig, so lässt das fast 90-seitige Booklet keine Wünsche offen. Dreisprachig sind die ausführlichen Informationen zu den eingespielten Werken mit obligater Orgel, die Porträts der ausübenden Künstlerinnen und Künstler sowie die Beschreibungen der beiden historischen Orgeln aus dem 18. Jahrhundert, auf denen Giulio De Nardo Vivaldis facettenreiche Klangwelt wieder lebendig werden lässt.
Der eminent farbenreichen Originalgestalt möglichst nahe zu kommen, ist der Anspruch des Organisten und Ensembleleiters, der mit Claudio Rado (Violine), Priska Comploi (Oboe), Francesca Ascioti (Alt) und den Instrumentalisten von „Sestier Armonico“ keine Partitur zum Arrangieren freigibt. Stattdessen zelebriert er die C-Dur-Sonate für Violine, Oboe, Orgel und optionales Chalumeau (RV 779) mit der Anfang der 1730er Jahre erbauten Pescetti-Orgel von Polcenigo und lässt die Klarinettistin Magda Peralta Lladó nicht etwa ihr angestammtes Instrument, sondern tatsächlich ein Chalumeau spielen, das der außergewöhnlichen Klanglandschaft eine besondere Farbe hinzufügt. Ebenfalls in Polcenigo entstand die eindringliche Aufnahme der Arie „Noli, o cara, te adorantis“ aus Vivaldis Oper „Juditha Triumphans“.

Die anderen fünf Konzerte (RV 554, 541, 767, 766 und 542), die aus verschiedenen Schaffensperioden stammen und ihre Entstehung in zwei Fällen der Umwandlung eines Doppel-Violinkonzertes verdanken, setzt Giulio de Nardo an einer anonymen venezianischen Orgel des 18. Jahrhunderts in Szene, die aus einer privaten Sammlung stammt. Auch diese Werke zeigen, dass der „Rote Priester“ nicht nur Wert darauf legte, seine Vielseitigkeit und Virtuosität unter Beweis zu stellen. Er war offensichtlich auch ein veritabler Klangmagier, der seine Überraschungseffekte allerdings stets in ein homogenes Ensemblebild einzubinden wusste.
Eine in jeder Hinsicht außergewöhnliche CD, die gleichzeitig ein rundum gelungener Start für das Label ➤ inAures ist, das Giulio de Nardo mit der spanischen Cembalistin Inés Morena Uncilla gegründet hat.
Antonio Vivaldi: Il Suono Ritrovato. Orgelkonzerte, Sonate für Violine, Oboe, Orgel und optionales Chalumeau, Arie aus „Juditha Triumphans“, inAures